Die Arbeit - Wirtschaftsfaktoren
Von der Holzkohle zur Steinkohle
Noch mal zurück zum Mathias Hammer. Seine Entdeckung löst nach nur siebzehn Jahre die Holzkohle als Wirtschaftsmotor ab. "Das aufgeweckte Interesse des Bergamtes ruhte nicht, den verborgenen Schatz aufzudecken. Man suchte eifrig, und auch einige Siedler waren an den Schurfarbeiten beteiligt, als 1792 der Reichsdeutsche Heinrich Hensch das Glück hatte auf dem Porkar-Felde die Kohle zu erschürfen.
Dieser Fund war so anregend auf die weitere Schurftätigkeit, daß man die Erlaubnis dazu auch Privaten bewilligte. Als Erfolg dieser regen Tätigkeit hat man bereits im Jahre 1803 die Verleihung von Grubenfeldern gegen Grubenzins - der dem Ärar abgeführt werden mußte - verteilt. [...] Unter den ersten Kohlenerzeugern finden wir die Orawitzer Boittner und Pfanner auf Breuner 1809, dann den Grafen Breuner auf dem Porkarfeld und die vier Banater Gewerkschaften". (Slovig)
Später ist man zu einem systematischen Kohlenabbau übergegangen.
Der Kolowrat-Schacht war der dafür angelegte erste Schacht (1846). Es folgten: 1847 der Breuner- und der Kübek-Schacht, 1851 der Reitz-Förderschacht, und Thinfeld I (benannt nach dem damaligen Minister Ritter von Thinfeld), 1852 der Eugen-Förderschacht.
1855 brachten aber erst zwei Schächte einen Kohleausschuss: der Kübek und der Breuner-Förderschacht. Zur Lokalisierung vergleiche die überlieferten Bezeichnungen der entsprechenden Bushaltestellen von heute. Der Thinfeld befand sich auf dem Platz der heutigen griechisch-orthodoxen Kirche.
Es folgten 1862 der Kolonie-Schacht, 1868 der Uterisch-Schacht (der spätere 'Fünfer' Schacht), 1869 der Hildegard- und der Friedrich-Schacht (Schacht III), 1871 der Ponor-Schacht.
Heute ist der Kohleausschuß eher unbedeutend, die Vorkommnisse weitgehend abgebaut. Interessant ist, daß man sich bis in eine Tiefe von 1107 Meter vorgewagt hat. Damit sind Aninarer Kohlegruben die tiefsten in Rumänien und sogar Europa (Sencu).
Erstaunlich ist auch die Vernetzung der Schächte untereinander: "Zur Abförderung des bitumenhaltigen Schiefertones, der Kohle, der Eisensteine und des feuerfesten Tones diente der in 1851 angeschlagene Dulnig-Stollen. Dieser Hautförderstollen erreichte 1873 in einer Länge von nahezu 4000m den Uterisch-Schacht, durch ihn wurde auch das Fördergut des Kolonie und Kübek-Schachtes bis zum Gustav-Schacht-Verladeplatz, am Ende des Staatsbahngeleises, gebracht." (Slovig)
Die Verarbeitung der Steinkohle (Separation und Wäsche) wurde in Anina vorgenommen am 'Rona'-Schacht, vormals König-Ferdinand-Schacht.
Bei Stanglica lesen wir: "Steierdorf lieferte Kohle von vorzüglicher Qualität. Nach dem Berichte eines Gutachters übertraf sie an Güte die englische Kohle". Damit versorgt wurden zuerst die Dampfschiffahrt auf der Donau, später die aufkommende Eisenbahn und natürlich die Hütten und Schmelzwerke sowie die Maschinenindustrie im Banater Bergdistrikt.
Im Zusammenhang mit der Bergwirtschaft wäre noch folgendes zu erwähnen:
Das Elektrische Kraftwerk. "Mit einer Leistung von 11.250KW, ist es auf Kohlenstaubfeuerung eingerichtet und zu diesem Zweck auch eine große Kohlenmühle besitzt. Die Kohle wird mittels einer Drahtseilbahn bis zur Kohlenmühle befördert. Von hier führt eine Hochspannungsleitung mit 55.000 Volt über Berg und Tal zum Eisenwerke nach Reschitz". (Slovig)
Feuerfester Ton wurde bis in den 70er Jahren noch im Kolonie-Schacht abgebaut.
Der Bitumen-Schieferton wurde ursprünglich (1860-1874) in den zwei Destillationshütten mit je 24 und 60 Retorten zur Rohölerzeugung verwendet und dann anschließend in Orawitz zu Leuchtgas und Paraffin raffiniert.
Überliefert ist auch eine Ölfabrik. Siehe wieder die entsprechende Bushaltestelle bei Sigismund.
Hundert Jahre später hat man in einem Grossprojekt versucht den Bitumen-Schieferton in einem neu errichteten Kraftwerk - das erste seiner Art - zur verfeuern.
Der Versuch ist gründlich misslungen. Geblieben ist eine Bauruine und weitere Umweltschäden..
Weitere interessante Details zum Bergbauwesen finden sich bei Slovig.. Der interessierte Leser möge dort nachschlagen.
Die Steinkohle bleibt bis heute als Wirtschaftsfaktor Nr. 1. Weniger bekannt ist, daß es in Anina auch eine Eisenerzeugung und Verarbeitung gab.
Begünstigt durch das Vorhanden sein von Eisenstein (Sphaerosiderite) und unter dem Zwang der sich anhäufenden Überschüsse an Steinkohle entsteht 1856 ein Probekoksofen. 1861 geht der erste Hochofen im Betrieb.
Schon 1863 werden im Walzwerk 5600 Tonnen Schienen erzeugt und exportiert. Slovig schreibt über in Anina erzeugten Schienen, die auf der transsibirischen Eisenbahnstrecke gesichtet wurden. Wohlgemerkt noch vor den Kriegsentschädigungen an die damalige Sowjetunion.
In der Eisengießerei wurden außer Walzen, eiserne Öfen und Küchengeschirr gegossen. 1895 verzeichnet man 34.000 t Roheisen, 7.700 t Gussware, 11.000 t Walzeisen und 28.000 t Stahl.
Da die dazu benötigten Eisenerze aus Dognatschka und Eisenstein über Umwege nach Anina gebracht werden mußten, fasst man 1913 den Entschluss das Eisenwerk nach Reschitz zu verlegen. Eisenhütten und Koksanlage werden abgetragen.
Geblieben ist nur die Schraubenfabrik und die Mechanische Werkstatt (heute als 'ACA' bekannt).
Zur Zeit schaut es so aus als ob sich Wälder und das Sägewerk, die Steinkohle als wichtigster Wirtschaftsfaktor ablösen.
Der Forst hat schon jeher eine bedeutende Rolle gespielt: Immerhin war es die Geschäftsgrundlage der 'Fuhrleute', die jahrein jahraus die Holzstämme aus dem Wald schleppten. Die Fuhrleute mit ihren wunderschönen, starken, auf die Waldarbeit eingestellten Pferden und die Holzschneider mit ihren stinkenden, tuckernden Maschinen waren bis zuletzt die einzigen selbständig gebliebenen Beschäftigten.
Nicht zu vergessen, daß die erste Siedlung ja auf das Abforsten des Urwaldes gründet. Und das liest sich so bei Slovig:
"Nachdem das Fuchsental und Steierbachtal (die spätere Hauptstrasse) abgeforstet war, kam der Karrenschlag (die Judenkolonie), dann die I., II. und III. Kolonie dran, weil man diese Plätze für Bauzwecke brauchte. Die Namen: Stockerberg, Schmaranzerberg, Bidograben, Salzmannberg, usw. deuten darauf hin, wo die Schlägerpartien der einzelnen Siedler arbeiteten, um Wiesenland und Kartoffeläcker zu schaffen."
In diesen Urwälder gab es reichlich Wild: Bären, Wölfe, Wildschweine, Hirsche (1893 aus den Alpen gebracht - vgl. Slovig), Wildkatzen, Fischotter, Iltisse.
Heute sind Bären und Wildkatzen verschwunden. Inzwischen wird bei der Wilderei wieder strenger geachtet.
Zur Blütezeit betrieb die Forstverwaltung in Steierdorf (zeitweise auch zuständig für die Reschitzwerke) 80 KM schmalspurige Waldbahn. 11 Loks waren in Betrieb um Tanne, Fichte, Buche, Ahorn, Ulme, Esche zum Sägewerk nach Anina zu befördern. Auch die Distillationsanlage bei Kirscha/Minischtal wurde in den 20er Jahren damit beliefert.
Diese Waldbahn existiert inzwischen nicht mehr. Geblieben ist nur die Erinnerung. Wenn die Ausflügler unterwegs vom 'Timfl' auf die gemütlich zurückkehrende Waldbahn trafen, da war die Versuchung groß einfach aufzuspringen und auf den dicken Baumstämmen mit nach Hause zu fahren.
Man kann nur hoffen, daß nicht das kurzsichtige Abholzen, sondern Erhalt und sinnvoller Einsatz dieser natürlichen Gaben als Kapital verstanden und genutzt werden..
Zum Beispiel zum Wiederbeleben des Fremdenverkehrs.
Der Tourismus hat eine langjährige Tradition: Die gute Waldluft hatte Steierdorf schon früher zu einer beliebten Sommerfrische für hitzegeplagte Städtler empfohlen. Vergleiche die 1893 gegründete Sommerfrische-Aktiengesellschaft. Der gleichnamige Ortsteil, die Ollinger Villa und Villa Dora sind die verbliebene Zeitzeugen.
Auch wenn heute eine entsprechende Infrastruktur fehlt, an Wanderziele fehlt es nicht: Sei es der kürzere Spaziergang zur Plutzerwiese, zum 'Majalus', oder zur 'Hutwat' auf den Spuren des 'Kuhhütters', oder der längere Weg zum baden im Fischteich (Buhui) oder Marghitas.
Schön ist auch die Tagestour zu den Wasserfällen nach Ochiu Beiului" und in die Cheiele Nerei Schlucht wo man so herrlich baden konnte.
Zu empfehlen ist auch eine Wanderung durch das wunderschöne Ministal auf der Suche nach den sagenumwobenen Türkenschatz.
Mit dem Auto kann man in einem Tagesausflug das Cerna-Tal und Herkules Bad besuchen, das schon in Römerzeit bekannt war.
Die Gegend um Steierdorf lässt auch Speläologenherzen höher schlagen. Eine Reihe von Tropfsteinhöhlen wie Plopa, Ponor oder Comarnic können auch von tüchtigen Touristen besucht werden .
Und im Winter der reichliche Schnee: Warum nicht eine Skitour in der zauberhaften Kulisse unternehmen, oder mit dem Schlitten oder Bob den Stockerberg - wie damals - runtersausen.
Die besondere Attraktion ist natürlich die 33,8 km lange Normalspurbahn zwischen Orawitz und Anina. Ich zitiere im folgenden ausgiebig aus Slovig wegen der vortrefflichen Beschreibung:
"Diese Eisenbahn wurde im Jahre 1863 dem Verkehr übergeben und im Hochgebirge noch von der k.k. öst.-ung. Staatseisenbahn-Gesellschaft erbaut. Sie ist einzig schön und interessant, so in ihrer technischen Ausführung, wie auch für den Touristen. Auf der kurzen Strecke schlängelt sie serpentinenartig in das Gebirge steigend, wobei sie 338 m Höhenunterschied zu bewältigen hat und 14 Tunnels (oder Tunelle) durchläuft. Den Betrieb versehen Spezial-Lokomotiven, die schwer dampfend gegen die Steigung ankämpfen. An einigen Stellen überbrückt die Eisenbahn die tiefen Täler, von einem steilen Bergabhang über eine gewaltigen Viadukt stößt sie auf der entgegengesetzten Seite in den Tunnel des Berges. Man muß es sehen!
Es wird nicht uninteressant sein, wenn wir uns auch mit dem geschichtlichen Teil dieses Bahnbaues beschäftigen. Es ist wieder die Kohle, die den Anstoß zu diesem Projekte gab. Man wollte größere Mengen Kohle bis zum Donauhafen Basiasch und von dort weiter mit Schiffe bis nach Wien ausführen. So entstand im Frühjahr 1847 auf Anregung des damaligen Banater Bergdirektors und Hofkammerrates Gustav von Gränzenstein, das Projekt des Montan-Aerars, eine Pferde-Eisenbahn von Steierdorf über Orawitz bis Basiasch in einer Länge von 57 km zu bauen.
In den Jahren 1850-1853 wurde auch an der Pferde-Eisenbahn zwischen Gerlischte und Schitin gearbeitet, und sie wäre fast fertig gewesen, als die Arbeit wegen Fehlschlag des Bergbauprojektes eingestellt wurde.
Die alten Wundlöcher und der kleine Tunnel der Pferdebahn sind noch, in der Nähe des Bahnhofes Gerlischte ersichtlich. Die alte Trasse im Gebirge zum Schitin-Tal kann heute noch begangen werden. Die jetzige Normalspurbahnstrecke von Lischawa nach Anina wurde erst nach dem Ankauf der Kohlengruben seitens der k.k. öst-ung. Steg. 1855 und in den darauf folgenden Jahren gebaut und 1863 dem Verkehr übergeben."