Haus und Hof - Besitzverhältnisse
"Die Ansiedler traten vom ersten Tage ihrer Ankunft in den Dienst der Bergwerkdirektion und erhielten von diesem Tage an ihren Lohn, der ihnen auch für den Bau der Häuser, für die Bergwerksverwaltung das Holz kostenlos zur Verfügung stellte, ausbezahlt wurde.
Die Holzknechte und Köhler wurden nicht als bäuerliche Kolonisten behandelt; sie genossen nicht die Vorteile der bäuerliche Siedler, sondern sie erhielten weit beträchtlichere Begünstigungen, angepaßt ihrer besonderen Verwendung. Die Bedingungen für die Ansiedlung und ihren Lebensunterhalt waren von ihnen selbst vor der Abwanderung gestellt worden und umfaßten die gleichen Rechte, wie sie die Holz- und Kohlknechte in der Steiermark und im Salzkammergute hatten.
Sie bekamen eine Anzahl Vieh gegen spätere Vergütung, kostenlos erhielten sie den Grund für das Haus und den Garten, ein Ackerstück zum Anbau von Feldfrüchten, für ihr Vieh die Hutweide, die vorher die walachischen Kohlbrenner genutzt hatten, und freies Brennholz." (Stanglica)
Den Ausführungen von Slovig entnehmen wir folgende Chronologie:
1805 Der selbst urbar gemachte Grund wird unter Eigentumsvorbehalt zur Benutzung überlassen (Nutznießungsrecht).
1830 Nutznießungsrecht kann an ortsansässige Kolonisten weitergegeben werden.
1855 Die bisherigen Nutznießungsrechtnehmer werden Eigentümer.
1859 Freie Verfügung des Eigentümerrechts.
Die Kolonie wird als selbstverwaltende Gemeinde anerkannt. Eine der Konsequenzen: Die Nachkommen der Gründer werden reguläre Eigentümer von Grund und Boden.
Mit der Nationalisierung nach 1947 wurden größere Immobilien (z.B. 'der Frank') enteignet. Später, durch ein Gesetz aus den 70er, ist bei jeder Übertragung von Hauseigentum der dazugehörige Bodeneigentum an den Staat übergegangen.
Der Rest ist dann in der Regel mit der Aussiedlung durch Enteignung bzw. durch den Zwangsverkauf an die Gemeindeverwaltung verlorengegangen.
"Bereits 1794 schlug die Steierdorfer Gemeinde, Konrad Bido, Johann Denz, Mathias Berger, Nikolaus Kornet und Johann Gaiswinkler als Kandidaten für die Gemeindeverwaltung vor. Bei der Wahl erhielten von diesen Kandidaten Berger 45, Denz 13, Gaiswinkler 6, Kornet 6 und Bido 2 Stimmen. Berger wurde Dorfschulze [Friedensrichter], die übrigen 4 kamen in den Gemeindeausschuß." (Slovig)
Aufgabe dieses von der Gemeinde gewählten und von der Bergverwaltung bestätigten Ausschusses war es, "geringe Gerichtshändel abzutun, hauptsächlich aber darob zu sein, daß die Jugend zum Gottesdienst und ebenso in der Schule fleißig erscheine, dieselbe vom Wirtshausgehen und derlei Üppigkeiten abhalte und nur jenen den Zutritt gewähre, welche sich schon bei der Holzmanipulation verwenden".
1859 wird Steierdorf (gleichzeitig mit Reschitz) zu Gemeinde erhoben. Ihr erster Gemeindevorsteher (Richter) ist der Obersteiger Franz Hirspek.
1860 wird die Siedlung Anina gegründet.
1952 Anina wird nach Eingemeindung Steierdorfs zur Stadt erklärt.
Die Ansiedler errichteten schon im ersten Jahr (1774) mit Hilfe der unter ihnen befindlichen Zimmerleute und Maurer ein Feldscherer- und Schulmeisterhaus, ein Spital und eine Schule.
1913 wurde ein neues Spital durch die Bergwerksgesellschaft fertiggestellt. Schon von Anfang an gab es mit Franz Krauß einen ständigen Chirurgen.
1914 wird die Elektrische Beleuchtung eingeführt.
Für diese Zeit werden bei Slovig 42 Kaufläden, 71 Gewerbetreibende, 1 Obernotar und 2 Notäre festgehalten.
Beeindruckend ist die Zahl von 19 Gastwirtschaften. Dabei wird als erste schon 1780 die Weinschenke des Orawitzarer Fleischers Fillip erwähnt.
Steierdorf hatte seit 1775 einen eigenen Schulmeister. Die heutigen Schulen in Steierdorf und Anina wurden 1910 aufgebaut. Später gab es Unterricht auch in Sigismund, Celnic und Predet.
Als erster Altar, hat der Überlieferung nach, der Wurzelstock einer geschlagenen Eiche gedient.
Für die Ausübung des Gottesdienstes sorgte schon seit dem 1. Juli 1773 ein Kaplan. 1774 zelebriert ein franziskaner Mönch die erste Trauung zwischen Mathias Hammer und Barbara Hoffmann.
"Es scheint ein Fingerzeig gewesen zu sein, daß eben die den Namen der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, tragenden Frau, dem Manne das Glück brachte; denn Mathias Hammer war es, der im Jahre 1790 einen schön glänzenden, schwarzen Stein fand ..." (Slovig)
1786-1787 entsteht die erste Kirche in Steierdorf. An ihrer Stelle wird 1872 die heutige Kirche im gotischen Stil eingeweiht.
Genau so alt (1871) ist auch die evangelische Kirche in Steierdorf.
Die heutige römisch-katholische Kirche in Anina wurde 1912 eingeweiht und ersetzt die alte aus dem Jahre 1878.
Weitere Kirchen: in Sigismund die römisch-katholische (1929) und eine baptistische Kirche; In Anina die rumänisch-orthodoxe Kathedrale (1939).
Vereine und andere Gesellichkeiten
Nach Slovig sind folgende 'traditionelle' Vereine belegt: Schützenverein, Männergesangsverein, freiwillige Feuerwehr (1882). Unklar ist die Aktivität des Humanitätsverein.
1860 ist das Jahr der ersten Arbeiterunruhen und gleichzeitig auch das Gründungsjahr der Arbeiter-Bruderlade.
Die Leistungen der Bruderlade werden bei Stanglica so beschrieben:
"Der erkrankte Arbeiter wurde von der Bruderlade, in die jeder Arbeiter monatlich einen gewissen Geldbetrag einzahlte, mit 2-4 Kr. [Kreuzer] Krankengeld täglich unterstützt."
Im Vergleich: die zu entrichtende Miete (Hauszins) für einen verheirateten Arbeiter war 1fl [Florin] 30Kr.
"Bei Arbeitsuntauglichkeit durch Alter oder durch Erkrankung bekamen die Arbeiter Provisionen, die nach den Dienstjahren gestaffelt waren. Ein Arbeiter mit 8-20 Arbeitsjahren erhielt 1/2 Metzen [1 Metzen = 62.5 l; heute spricht man von einem Meter] Frucht und 1 fl. 30 Kr. monatlich, mit 21-30 Jahren 1/2 Metzen Frucht und 2 fl., mit 31-40 Jahren 1/2 Metzen Frucht und 2 fl, 20 Kr., mit mehr als 41 Jahren 1/2 Metzen Frucht und 2 fl. 40.Kr. Die Provision der Witwen betrug 1/2 Metzen Frucht und die Hälfte der Provision des Mannes. Auch die hinterbliebenen unmündigen Kinder wurde von diesem Provisionssystem erfaßt."
1897 werden die Leistungen der Bruderlade gekürzt. Die Bergleute und ihre Frauen protestieren vor das Direktionsgebäude in Anina. "Gendarmen schießen in die Menge der Demonstranten. Tote und viele Schwerverletzte bedecken den Schauplatz" (Hromadka).
1897 ist auch das Gründungsjahr der ersten Berg- und Hüttenarbeiter- Gewerkschaft Ungarns, der ersten Arbeiterbücherei des Banater Berglands. "Der Steierdorfer Chormeister Franz Hummel ruft mit der Gesangsektion des Gewerkvereins" den ersten bergländischen Arbeiterchor ins Leben, dem sich eine Dilettantengruppe" anschließt (erste Arbeiterbühne des Berglands)". (Hromadka)
Zurück zur Versorgung: Am Anfang wurde "bei der alten Semmelhoferin" eingekauft. Einmal in der Woche ging man, meistens zufuß, nach Orawitz (die Eisenbahnverbindung hatte da keine Bedeutung) "welcher schwieriger Weg nicht ganz gefahrlos war. Des öfteren wurden sie Ihrer Ware beraubt, sogar auch gefangen genommen." (Slovig)
Abhilfe schafft der 1883 gegründete Konsumverein. "Der aus Hessen stammende Handwerksbursche Valentin Schlink kam mit der gesunden Idee, mit kleinen Anteilen der Mitglieder ein Kapital zu schaffen und damit auf die Art der Genossenschaften ein Lebensmittel-Verkaufszentrum zu gründen. Dieser Konsum-Verein prosperierte tadellos und war in enger Verbindung mit dem von Schlink schon vorher ins Leben gerufenen Spar- und Vorschußverein. Dann kam noch ein Krankenunterstützungs- und Leichenbestattungs-Verein hinzu." (Slovig)
Bis in unseren Tagen tätig waren die Sterbe- und Unterstützungfonds Sophie und Elisabeth. Hier zahlte man i.d.R. Sonntag nach der Kirche seine Beiträge ein, um sich dann ein ordentliches Begräbnis zu leisten. Häufig wurde damit die Musik bezahlt. Die Standardbesetzung lag bei sechs Mann, es konnten aber auch bis zu 20-30 Musikanten werden..
Landsmann Sepp Kaschak hat eine ausführliche Sammlung im Aufbau, die den besonderen Stellenwert der musikalischen Bewegung in Steierdorf-Anina dokumentiert: Chöre, Werksmusik, Musikkapellen, Hausmusik.
Es gab ein Arbeiter- und Beamtenkasino in Anina. Bis in den 70er hat hier die Musik gespielt (zuletzt die Kratochwill-Kapelle).
In Steierdorf traf man sich früher 'beim Frank': Hier wird von einer luxuriösen Ausstattung erzählt (Spiegelsäle, roter Plüsch, usw.).
Später - und heute noch - war es das Arbeiterheim (Kino). Gelegenheiten dazu gab es häufig. Angefangen über größere Hochzeiten, über den Barbaraball, Feuerwehrball, bis hin zu den Faschingsbällen: Kinder-, Weiber-, Maskenball und dann natürlich Dienstag der unvergessliche Höhepunkt: die Begrabung des Faschings.
Fasching feierte man aber auch im kleineren Kreise: Zum Beispiel, in den man sich beim Besuch der einen Luci-Tante in der Steierdorfer Hauptstrasse spontan entschloss, die andere Luisa-Tante in Anina zu erschrecken, dafür einige Lumpen Masken vom Dachboden holte, die Tertschi-Tante in der I Kolonie zuerst miterschreckte, und dann mitnahm, um im Schutze der Dunkelheit über Sigismund, dann schließlich das kleine Haus am Waldrand zu erreichen. Alles zufuß und mit einen riesigen Spaß.
Unterwegs gab es dann auch Gelegenheit zu den Gruslg'schichten über das Irrkreidl, die Weißefrau, der Riesenfuß, das Handtuchmelken ...
Und so bleibt Steierdorf auch in Erinnerung. Als ein Ort der Glückseligkeit.