Zehn mal in Deutschland, neun mal in München, der »Tag gegen Lärm«, eine Aktion für gutes Hören und den Schutz der Ruhe

 

Ein »Tag gegen Lärm  — ein »Tag für mehr Ruhe und Lebensqualität«

 

„Taube Ohren“ beim Gesetzgeber

Nach Untersuchungen des Umweltbundesamtes klagen 75 % der Menschen in Deutschland  über Lärmbelästigung.

Lärm bleibt in Deutschland ein Problem; insbesondere der Verkehr zerrt an den Nerven der Bürger. Dazu trägt vor allem der Straßenlärm bei, in besonders belasteten Gebieten sind Flug- und Schienenlärm noch schlimmer.

Ein gesetzlicher Anspruch auf Lärmsanierung lässt immer noch auf sich warten.

Lärm ist allgegenwärtig, ruhige Zeiten und ruhige Gebiete verschwinden immer mehr. Auch hier hat der Gesetzgeber „taube Ohren“.

Nur im Auto ist es leiser geworden

Die Zahl der Fahrzeuge wächst kontinuierlich, der Lärm eines vorbeifahrenden Fahrzeugs ist aber in den letzten 30 Jahren praktisch gleich geblieben. So wird es halt ständig lauter. Nur im Auto ist es leiser geworden. Die Ursache liegt nicht nur an den zu hohen Grenzwerten für Neufahrzeuge, sondern auch in einem veralteten Zulassungsverfahren. Technisch ließen sich Kfz und motorisierte Zweiräder erheblich leiser machen.  

Ein kleiner Test

Stellen Sie sich mal an eine Straße und hören mal genau hin, woher der Lärm eigentlich kommt. Richtig, es sind die Reifen auf der Fahrbahn. Hier also muss angesetzt werden. Es gibt leise Reifen und sie sind nicht einmal teurer. Aber wer weiß schon davon. Und es gibt ganz leise Fahrbahnen, nur, sie müssen eben eingebaut werden. Beispiele gibt es genug, so in Augsburg, in Ingolstadt und auf der BAB A9 bei Garching.

Problematische Verkehrswegeplanung

Immer noch sind im Bundesverkehrswegeplan in einem sowieso schon dicht von Straßen überzogenem Gebiet Neuplanungen von Bundesstraßen und Autobahnen vorgesehen, auch durch herrlich ruhige Gebiete, so z.B. die BAB A94 durch das Isental.

Die Bahn investiert sehr viel Geld in Hochgeschwindigkeitsstrecken, vernachlässigt aber die  „Neben-„ strecken.  Streckenstilllegungen und ausgedünnte Fahrpläne zwingen Pendler ins Auto und verursachen dadurch mehr Lärm.

Zudem bringt der Ausbau von Flughäfen und die Einrichtung von weiteren Flugplätzen auch in abgelegenen Gebieten immer weitere Lärmverursacher in bislang ruhigere Regionen. Auch erweiterte Nutzungsrechte erhöhen den Lärmteppich, wie z.B. beim Flughafen Oberpfaffenhofen oder bei der geplanten dritten Startbahn am Flughafen München.

Fahrverhalten:

Aber  auch jeder Einzelne muß seine Mobilität einer kritischen Prüfung unterziehen. Ein röhrender Motor oder aufgedrehte Lautsprecherboxen, Kavalierstarts und nächtliches Türenschlagen sind Angriffe auf das Ruhebedürfnis anderer Menschen.

 

Ruhe ist notwendig, aber schwer zu finden

Ruhe gehört zu den grundlegenden Schutzgütern der zivilisierten Welt. Ruhe ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Erholung. Die Sehnsucht nach Ruhe und Erholung treibt Menschen hinaus, um sich in der Natur zu erholen. Damit und mit schnelleren Verkehrswegen entstehen weitere Wege und weiterer Lärm. Die ruhigen Gebiete aber werden immer seltener.

Ruhe ist schwer zu definieren.

Der Schallpegelmesser jedenfalls kann es nicht, er „hört“ auch durchaus angenehme Geräusche wie z.B. Vogelstimmen. Deshalb sind auch Grenzwerte in der Einheit dB(A) nur bedingt aussagekräftig. Die Ruhe ist eine besondere Qualität von Orten, an denen man die Seele baumeln lassen und auftanken kann, störende Geräusche sind hier tabu.

Aber es gibt keinen Schutz für die Ruhe. Und damit auch keinen Schutz für die Menschen, die diese Ruhe gesucht haben.

Ruhe braucht Schutz

Ruhe ist ein empfindliches, ein sehr leicht zerstörbares Gut. Schon ein paar Motorradfahrer können ein ganzes Erholungsgebiet mit Lärm so zerstören, dass sie die Erholung von Hunderten zunichte machen. Wo neue Straßen, Flugplätze oder Event-Orte geplant werden, ist’s mit der Ruhe meist endgültig dahin. So werden die Inseln der Ruhe immer weniger.

 

Umgebungslärm-Richtlinie und Ruhegebiete:

Die EU hat das Problem erkannt: in der seit 25.6.2002 veröffentlichten Umgebungslärm-Richtlinie wird ausdrücklich auf den Schutz ruhiger Gebiete in Ballungsräumen und auf dem Land hingewiesen. Bislang gibt es in der deutschen Umsetzung nur Verordnungen zur Lärmkartierung, die Ruhegebiete werden weder kartiert noch gibt es Hinweise zum Schutz derartiger Gebiete. Bis 30.6.2007 sollen sog. „strategische Lärmkarten“ fertig gestellt sein, bis zum 18.7.2008 sog. „Aktionspläne“. Ruhegebiete werden wir dort wohl nicht finden. Sind sie politisch überhaupt gewollt?

 

Ruhe für alle oder für wenige Glückliche?

Eine Immobilienfirma wirbt  für eine„noble Art des Wohnens“: „Der traumhaft schöne Innenhof, liebevoll gestaltet und begrünt, ist eine Oase der Ruhe. Von den ruhigen geschützten Balkonen und großen Gartenterrassen gleitet der Blick über dieses Kleinod. Sie genießen innerstädtische Ruhe und sind dennoch in wenigen Fahrminuten im Zentrum“.

Ruhe, doch nur für wenige, die dafür zahlen können!

 

Der »Tag gegen Lärm« lenkt die Aufmerksamkeit auf die akustische Umgebung und fordert zum Handeln auf. Der Schutz der Ruhe muß ein wichtiges Thema werden und jeder Einzelne ebenso wie Politik und Wirtschaft müssen durch ihr Agieren zu Gesundheit und Wohlbefinden in der Gesellschaft beitragen.

 

München:

Der »Tag gegen Lärm« wird in München vom Gesundheitsladen München e.V. organisiert. Schirmherr ist der  Referent für Gesundheit und Umwelt der LH München, Joachim Lorenz.

 

Über Lärm, Hören  und Schutz der Ruhe muß man reden können:

Um auf die vielfältigen Belastungen der Münchner mit Lärm aufmerksam zu machen, legt der Gesundheitsladen schon zum neunten Mal ein großes Programm zum »Tag gegen Lärm« vor.

Hier  bieten unterschiedliche Partner ein breites Spektrum von Veranstaltungen an:

Vom Hörtest bis zum Infoabend für Hyperakusis*-Geschädigte, vom Umgang mit Tinnitus bis zur Aufklärung von Berufsschülern über die Schädlichkeit von Lärm reichen die Themen.

Aber auch das, was es lohnend macht, gut hören zu können, findet sich im Programm, Vogelstimmenführungen ebenso wie akustische Experimente, selber Singen statt Musikberieselung für Erwachsene, Spiele rund ums Hören für Kinder.

Erstaunliches Wissen wird durch dieses Programm zugänglich:

·      Wie können Fledermäuse per Echolot durch die Nacht finden?

·      Kann man Töne sehen?

·      Wie hilft Entspannung gegen Tinnitus?

·      Wer ist zuständig für Beschwerden über Lärm?

·      Wie kann man Vögel an ihren Stimmen erkennen?

·      Was tun, wenn’s in der Nachbarschaft Ärger mit Lärm gibt?

·      Wie laut ist eigentlich mein Walkman und kann er mir die Ohren schädigen?

·      Was brauchen Schwerhörige, um ausreichend verstehen zu können?

·      Was kann man gegen beruflich bedingten Lärm machen?

·      Welche Möglichkeiten gibt es, das Gehör lange gesund zu erhalten?

·      Wo gibt es ruhige Gebiete?

Das Wissen um die Wichtigkeit des Hörens und der Ruhe sollen zum Nachdenken und zur Veränderung des Verhaltens beitragen

 

Deutschlandweit und international:

Der »Tag für das Gewahrwerden von Geräuschen« (Noise Awareness Day) wurde 1996 von der US-amerikanischen Schwerhörigen-Liga "erfunden" und ist inzwischen in vielen Ländern etabliert. Seit 1998 ist Deutschland mit dabei.

Mit dem Thematisieren von Lärm als Belastung von Gesundheit und Wohlbefinden will der »Tag gegen Lärm« dazu beitragen, dass Politik und Wirtschaft mehr Schutz vor Lärm bieten und dass die Bürger selbst darauf achten, ihre Mitmenschen nicht durch Lärm zu stören. Hierzu gehört auch die Wertschätzung der Ruhe.

Ganz wichtig sind dabei der Schutz junger Menschen vor Lärm in der Freizeit (z.B. Disko) und der Schutz aller Bürger vor dem Verkehrslärm. Wie wichtig diese Ziele sind, unterstreicht auch das Aktionsprogramm Umwelt und Gesundheit der EU (APUG).

 

 

Ansprechpartner:

Für das Programm: Gunhild Preuß-Bayer

Tel. 1891 3720 oder7675 5522, Fax: 725 0474, tag-gegen-laerm@gl-m.de

Für Fragen des Straßenverkehrslärms und des Ruheschutzes:

Rainer Kühne, Tel. 957 04 71

Mehr unter www.horch-mal.de

 

*(Geräuschüberempfindlichkeit)