Predigt gehalten zu Grossau und Reußdörfchen / Siebenbürgen
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Der Predigt liegt zugrunde das Schriftwort aus dem Brief des Paulus an die Philipper 3, 7-147 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen
für Schaden erachtet. 8 Ja, ich erachte es noch alles für
Schaden gegenüber der überschwenglichen Erkenntnis
Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles
ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit
ich Christus gewinne 9 und in ihm gefunden werde, daß ich
nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern
die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit,
die von Gott dem Glauben zuge-rechnet wird. 10 Ihn möchte
ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft
sei-ner Leiden und so seinem Tode gleichgestaltet wer-den, 11
damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten. Liebe Schwestern und Brüder in unserem Herrn Jesus Christus! Gott hat sich uns Menschen ausgedacht. Gott hat uns gewollt und nach seinem Plan geschaffen. Wir sind die Prachtstücke in Gottes Welt. Wir können fast alles. Zum Mars fliegen, die Welt gestalten, alles bis ins kleinste hinein erforschen und Maschinen schaffen, die selber denken können. Und schön sind wir Men-schen auch noch dazu. Samuel Hutter hat erzählt von einem schönen Mädchen aus Hamlesch. Es gab nicht nur ein schönes Mädchen dort, aber dieses war be-sonders schön. So schön, daß sich die Burschen darum geschlagen haben. Nicht nur die jungen Menschen sind schön, auch die alten Menschen sind schön. Ich treffe hier so viele Menschen, von Wind und Wetter und von den Schlägen des Schicksals ist ihr Gesicht gezeichnet und gefurcht. Doch ihre Augen leuchten und strahlen. Sie werden gebraucht, sie versorgen die Tiere, die Gärten, die Häuser, erstaunlich leistungsfähig sind sie, selbst im hohen Alter. So ehrlich sind sie geblieben, so echt, so rechtschaffen, auch das ist Schönheit, die ausstrahlt. Gott hat uns große Fähigkeiten gegeben. Jeder kann etwas besonders gut. Den Kindern, den Enkeln, den Urenkeln ein gutes Vorbild sein, das Haus mit Liebe und Behaglichkeit erfüllen, Geräte und Maschinen reparieren, eine Firma leiten, den Menschen zuhören und sie verstehen, helfen, ohne viele Worte zu ma-chen. Über unsere Erfolge, über unsere Fähigkeiten dürfen wir uns freuen. Wir dürfen stolz darauf sein. Wir Menschen sind ein Meisterwerk Gottes, seine Spit-zenleistung, wir spiegeln die Größe, Weisheit und Herrlichkeit Gottes wider. Und doch müssen wir genau prüfen, auf was wir wirk-lich stolz sein dürfen. Denn vieles, was vor den Men-schen glänzt und leuchtet ist vor Gott nur eine Illusi-on, ein Nichts, das keinen Bestand hat. Auch Saulus aus Tarsus konnte stolz auf sich sein. Saulus konnte sagen: Du großer und einziger Gott: Ich gehöre zu deinem
Volk, dem auserwählten Volk Israel, das du lieb hast. Ich
habe die ganze heilige Schrift studiert, ich kenne deine großen
Taten und kann sie erzählen, ich hatte den besten Lehrer
und deshalb bin ich ein Meister der heiligen Schrift. Ich kann
euch in allen Fragen gut beraten. Ich kenne die Schrift aber
nicht nur, ich lebe auch danach. Ich gehe nicht nur jeden Sabbat
in den Gottesdienst, ich halte mich auch die ganze Woche über
an die Gebote Gottes. Ich gebe den 10. Teil von all meinen Einkünfte
für Gott und seinen Tempel, auch von den kleinen Nebenverdiensten
bekommt Gott seinen Anteil. Ich habe nie gestohlen, habe nie
betrogen, ich habe nie gelogen, ich schaue die Frau-en nicht
lüstern an, wie leider so viele in unserer So konnte der Saulus aus Tarsus auf sich stolz sein, und es
war auch nicht gelogen. Alle hätten ihm zu-gestimmt. Darauf
durfte er stolz sein. Könnten wir uns nicht glücklich
schätzen, wenn wir solche Leute wie Saulus hätten in
unseren Orten, in unseren Und doch: Es ist uns nicht so ganz wohl bei diesem Saulus. Er spricht so viel von sich selber. Er dreht sich um sich selbst. Es scheint so, als ob Gott froh sein muß, daß er einen Saulus hat. Aber Gott braucht keinen Saulus, Gott braucht auch keine Heiligen. Ein großer Heiliger hqat immer wieder gebetet: "Herr, traue mir nicht." Das ist ein gutes Gebet: "Herr, traue mir nicht!" Gott braucht keinen Saulus, doch Saulus braucht aber einen gnädigen Gott, wir alle brauchen einen gnädigen Gott! Wieviel wir auch können, wie-viel wir auch darstellen, vor Gott kann das nicht zäh-len und helfen! So gut können wir nie sein, daß Gott auf uns stolz sein kann. Wer sind wir denn?! Der Saulus hat sich nach eigenem Plan ein Lebenshaus gebaut,
ein großes imponierendes Haus. Doch dieses Haus hat keinen
ewigen Grund und keinen Bestand. Menschenwerk muß vergehen.
Auch wenn wir noch so stolz auf unser Werk sind und wenn es auch
fromm gestaltet und fromm angestrichen ist. Jeder Mensch muß einmal zu der Erkenntnis kom-men, daß
nichts was er weiß und was er kann und was er leistet und
nicht einmal die guten Werke, die er für die anderen tut,
vor Gott bestehen kann. Wir müssen eines erkennen und zu
Herzen nehmen: Ja, Gott möchte schon, daß wir gut und gerecht le-ben, aber er will noch viel mehr. Er will ein Herz in uns finden, das zuallererst Gott liebt und achtet, denn er selbst ist die Liebe, er hat Jesus gesandt, der aus Liebe gestorben ist am Kreuz. Jesus hat für uns gestritten, er hat den Sieg errungen über die Sünde, über das Böse, über den Tod. Diesen Sieg können wir aus eigener Kraft nie erringen. Er ist für uns errungen. Weil er uns liebt. Wo die Liebe ist, da ist nicht mehr zuerst wichtig, ob auch alles richtig gemacht ist. Die Liebe macht alles richtig. Die Liebe bringt alles zurecht. Furcht ist nicht mehr in der Liebe. Und der Stolz wird zur Demut und staunt! Alles ist umgewandelt im Leben des Saulus. Was groß war, ist nun klein. Was klein war ist nun groß. Es ist ihm so ergangen, wie der Maria, die staunend ausgerufen hat: "Er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist. Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und läßt die Reichen leer ausgehen. Er gedenkt der Barmherzigkeit." Das ist das große Geheimnis Gottes. Er dreht alles um, damit keiner auf sich selbst stolz sein kann. Alles kann nur leben aus der Barmherzigkeit Gottes. Doch die Barmherzigkeit Gottes ist so groß, so unermeßlich groß, daß alle davon satt und glücklich werden kön-nen. Ich darf nehmen von seiner Güte. Und dann heißt die neue Anstrengung, der wahre Stolz: Immer tiefer die Liebe Gottes ergründen, im-mer mehr geliebt werden und lieben. Mich immer mehr auf Gott gründen. Das ist die gute Jagd. Ich muß nicht fürchten zu verlieren. Ich darf immer noch mehr gewinnen. Ich denke zurück an die ersten Siedler hier in Grossau. Bis zu vier Monate lang waren sie unterwegs gewesen in die neue Heimat. Zwanzig bis dreißig Kilometer am Tag war eine große Leistung mit den zweirädrigen vollbeladenen Ochsengespannen. So schnell wie möglich wollten sie ans Ziel kommen und die neue Existenz begründen. Hier am Ziel wurde ihnen das Land zugemessen und dann hieß es an die Arbeit gehen, obwohl die Strapazen einer langen Reise hinter ihnen lagen. Was wird ihnen wohl am wichtigsten gewesen sein: Ein Dach über dem Kopf, und wenn es nur ein provi-sorisches Dach aus Ästen und Lehm gewesen ist, oder erst ein sicherer Ort für das Vieh, Schutz vor Bären und Wölfen. Aber da gab es ja auch noch keine Felder, es mußte gerodet werden und das Land urbar gemacht werden. Und auch das war noch nicht ge-nug, der Winter kam viel zu schnell, die Ernährung bis zur ersten Ernte mußte gesichert werden. Es war viel zu tun, um zu überleben. Es heißt: in der Not ist sich jeder selbst der Nächste, Menschen können zu Tieren werden, wenn sie um das Überleben kämpfen. Die Marxisten haben gesagt: Erst braucht der Mensch zu essen, erst kommen die materiellen Werte, die Moral , die Frage nach gut und böse- alle höheren Werte sind nur ein Überbau. Der Mensch braucht nur: Essen Trinken, Wohnen, sich vermehren. Doch die ersten Siedler lehren uns ein anderes. Sie sind als
Christen gekommen. Sie waren mutige, lei-stungswillige, Menschen,
die mit beiden Beinen auf der Erde stehen. Das waren keine Träumer.
Träumer sollen wir als Christen nicht sein. Im Schweiße
deines Angesichtes sollst du dein Brot essen. Und jeder lebe
von seiner Hände Werk. Auch die Kirche ist kein Bau für die Ewigkeit. Sie war
bald zu klein, nicht mehr schön genug. Sie brauchte eine
Festungsanlage, neue Techniken, die vor Feuer-waffen besser schützen,
heute braucht man diesen Schutz nicht mehr, anderes ist not.
Das menschliche Leben ist ein Jagen nach dem Bes-seren, dem Vollkommeneren. Und doch kommt er nie an ein Ende. Das Leben ist begrenzt. Die Kraft ist be-grenzt. Ich sehe den Altar an: Der Altar: Christus in der Mitte, in seinem größten Leiden für uns. Er ist nicht allein, sondern in Gemein-schaft seiner Mutter und des Lieblingsjüngers Johan-nes, ein ausdruck der Gemeinschaft in aller Not. In den Medaillons unten rechts und links: die Ankündi-gung seiner Geburt und die Geburt im Stall von Bethlehem. Weiter oben in der Mitte: Gott Vater Sohn und Heiliger Geist walten über der Erde, links im Me-daillon die Auferstehung: Jesus lebt und rechts die Himmelfahrt. Christus ist auferstanden und der Herr über alles. Ganz oben ist Christus als Richter, über al-lem! Und wer auf das Kreuz sieht und an ihn glaubt, der kommt nicht
in das gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen!
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