Predigttext Brief des Paulus an die Kolosser 4, 2 6
"Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung!
Betet zugleich auch für uns, daß Gott uns eine Tür
auftue und wir das Geheimnis Christi sagen können, um dessentwillen
ich auch in Fesseln bin, da-mit ich es offenbar mache, wie ich
es sagen muß.
Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen
sind, und kauft die Zeit aus. Eure Rede sei allezeit freundlich
und mit Salz gewürzt, daß ihr wißt, wie ihr
einem jeden antworten sollt." Kol. 4, 2-6
Wer hätte gedacht, daß der Junggeselle Paulus etwas
vom Kochen versteht? Er nennt uns das wichtigste Gewürz,
das Salz! Salz ist noch viel wichtiger als der begehrte Zucker.
Viele gute Speisen lassen sich ohne Zucker zubereiten, aber wehe,
der Koch oder die Kö-chin hat das Salz vergessen! Sofort
geht ein Zug der Enttäuschung über die Gesichter nach
dem ersten verheißungsvollen Bissen. Salz ist wesentlich,
Salz macht das gewisse Etwas und bringt den Geschmack erst zur
Geltung. Sogar ein süßer Kuchen braucht noch eine
Prise Salz, damit er so richtig gut schmeckt. Zu viel Salz darf
es nicht sein, aber ohne Salz ist die ganze Kochkunst nichts.
Die Sachsen und die Landler verstehen viel von Gast-lichkeit.
Wenn sie zusammen sind, und sie sind oft zu-sammen, dann gibt
es etwas Gutes zu speisen, und et-was Interessantes zu erzählen
und viel Grund zum La-chen und Fröhlichsein. Es ist immer
schön und erhe-bend, wenn viele Gäste gekommen sind.
Und das Salz wird nicht fehlen, bei den Speisen nicht und nicht
in den Gesprächen.
Einst wurde ein Pfarrer im schottischen Hochland zu einer Bauernhütte
gerufen. Sie war sehr weit abgele-gen. Ein Kind war dort zur
Welt gekommen und sollte getauft werden. Als der Pfarrer nach
dem anstren-genden Fußmarsch endlich ankam, fragte er den
Bauern: "Und, seid ihr auch gut vorbereitet?" "Aber
sicher," sagte der Bauer, "den saftigsten und den schwersten
Schinken habe ich schon aus dem Rauch geholt."
Prima, sagte der Pfarrer, aber ich meinte, ob ihr auch geistig
gut vorbereitet seid. "Und wie!" antwortete der Bauer
sofort. "Drei Liter zehnjährigen Whiskey habe ich besorgt.
Das wird auf jeden Fall reichen."
Der Bauer hat es ja gut gemeint. Und für ein Festessen hat
er auch gut vorgesorgt. Aber er hat nicht begrif-fen, daß
es noch höhere Werte gibt, als nur die äuße-ren
Dinge.
Die Deutschen in Siebenbürgen wissen seit vielen Jahrhunderten
vom Wert der geistigen Fundamente. Sie haben aus freien Stücken
den evangelischen Glau-ben angenommen und überzeugt bewahrt.
Die Landler haben für ihren evangelischen Glauben sogar
die ursprüngliche Heimat und den Besitz zurückge-lassen.
Und hier in den Gemeinden sind die Kirchen von Anfang an die
Zentren der Dörfer und Städte ge-wesen. Und bei allem
Bewahren ist das Gemeinwesen lebendig geblieben und nicht in
überstrenger Fröm-migkeit erstarrt. Man muß ja
nicht verbissen sein, wenn man an Bewährten festhält,
es kann auch aus Überzeugung und mit Freude geschehen.
Paulus hätte gut nach Siebenbürgen gepaßt! Das
blü-hende kirchliche Leben, in Einklang mit der Kultur,
es ist ja auch eine Frucht des Wirkens von Paulus. Da ist Gemeinde
als ein Leib ernstgenommen, wo sich alle mitfreuen, wenn sich
einer freut und alle mitleiden, wenn einer leidet.
Die Worte, die wir heute von Paulus gehört haben, schrieb
er im Gefängnis. Es hat seinen Grund, warum Paulus im Gefängnis
sitzt. Er ist nämlich ein Sturkopf. Er weiß, was er
will und soll, und davon läßt er sich nicht abbringen.
Durch nichts in dieser Welt. Er wur-de ausgepeitscht, mit Steinen
fast zu Tode geworfen, dann eingesperrt, er bleibt stur. Wenn
es um das Ei-gentliche geht, wenn es darauf ankommt, dann ist
die Sturheit eine Gottesgabe.
Es geht um das Eigentliche. Es geht um die Verwurze-lung in Gott.
Es geht um die Gemeinschaft der Chris-ten, daß einer für
den anderen einsteht. Es geht um den Auftrag der Christen in
dieser Welt: Wir haben et-was mitzuteilen, ein Geheimnis, das
froh macht und rettet aus Angst, Verzweiflung und Schuld: Diese
Freude, dieser Trost ist nur im Glauben zu finden, im Vertrauen
auf Jesus Christus.
Daran hält Paulus fest, ohne einen Abstrich zu machen, da
ist er stur. Gut so. Da ist er wesensverwandt mit den Deutschen
in und aus Siebenbürgen. Auch sie haben festgehalten an
der Überlieferung, an den Werten.
In der letzten Zeit ist es damit schwieriger geworden. Viele
leben zerstreut, die Entwicklung geht überall mit Siebenmeilenstiefeln
voran. Der Einzelne verliert sich eher. Die große Masse
geht andere Wege. Da kommt die Versuchung, sich zu sehr anzupassen,
so sein zu wollen, wie andere sind. Eine gewisse Anpas-sung muß
ja sein. Es geht nicht darum, aus Trotz und Stolz alles anders
zu machen. Die große Kunst besteht darin: sich unter neuen
Umständen so zu verändern, daß die alten Anliegen
und Absichten bewahrt blei-ben. Krampfhaft am Alten festhalten
kann bedeuten, es auf Dauer zu verlieren. Das Alte aber einfach
weg-werfen, ist die größte Dummheit. Die Gegenwart
wach zu analysieren und neue Wege zu finden, um die alten Werte
zu bewahren, das ist der goldene Weg.
Paulus weist uns hin auf die Klugheit, die Weisheit. Ich muß
wissen, was mich trägt, was gut und was böse ist, was
richtig und was falsch ist. Orientierung ist nötig.
Wenn ich das weiß, dann kann ich klug handeln. Klar, daß
nicht alle so denken wie ich. Klar, daß viele gar wenig
mit Glauben anfangen können. Glauben steht dem modernen
Lebensstil oft im Weg.
Paulus spricht deshalb vom Festhalten an Gott. Es ge-schieht
durch das regelmäßige Gebet zu Gott. Mit Gott zu sprechen,
schärft meine Wahrnehmung, dann merke ich, was los ist in
der Welt. Wer betet, läßt sich nicht so leicht etwas
vormachen.
Paulus spricht auch vom Auskaufen der Zeit. Wir ha-ben ja nur
ein gewisses Maß an Zeit. Schneller als wir denken, werden
wir alt, die Kräfte lassen nach. Ich muß wissen was
wichtig ist und dafür meine Zeit rich-tig einsetzen, so
komme ich zu was. Das geht gegen die Gewohnheit, sich zerstreuen
zu lassen in der Freizeit. Verräterisch ist das Wort Zeitvertreib:
Zeit wird fortgetrieben, als hätten wir zu viel an Zeit.
Und der Zeitvertreib ist nicht weit entfernt vom Zeit tot-schlagen.
Wie furchtbar, wenn die Zeit mein Totfeind ist. Die Zeit ist
wertvoll und es gilt sie zu schätzen und zu nutzen.
Paulus spricht von der höchsten Aufgabe, die über Hausbau,
über Zukunftssicherung über Genuß und Feier hinausgeht:
Daß den Menschen ein Licht auf-geht, warum sie in dieser
Welt sind, daß es eine tie-fere Freude und Zufriedenheit
gibt, die auf den Glau-ben an Jesus Christus gegründet ist.
In dieser Glau-bensbeziehung sind wir geliebt, angenommen. Wir
müssen nicht erst etwas bringen, etwas beweisen. Er liebt
uns und schenkt uns eine ewige Heimat, Gebor-genheit in Zeit
und Ewigkeit. Das entspricht nicht dem Trend dieser Zeit: Heute
hören wir: "Bleib mir bloß mit Gott vom Leib,
das ist doch langweilig, das bringt doch nichts."
Auch Paulus hat schon ganz deutlich gemerkt, daß die Christen
sich von der normalen Welt unterscheiden, daß sie eine
Gesellschaft für sich bilden. Sie halten zusammen, beten
füreinander, teilen die Nöte. Sie bleiben auch in der
Not beieinander.
Je enger eine Gemeinschaft lebt und je besser das Gemeinschaftsleben
gedeiht, um so mehr fühlen sich allerdings auch andere ausgeschlossen.
Das ist kein böse Absicht, es liegt in der Natur der Sache.
Wenn ein Fest gefeiert wird und ich bin nicht dabei, irgendwie
schade. Manchmal kommt sogar Neid auf: Warum ha-ben die es so
gut.
Paulus weiß: Wir gehören als Christen zur Gemein-schaft.
Wir sind drinnen, die anderen sind draußen, die anderen,
die nichts von dem Grund unserer Freu-de wissen. Aber das ist
keine feste Grenze für immer und ewig. Im Gegenteil. Aus
draußen kann ganz schnell drinnen werden. Die Türen
sind zum Öffnen da.
Sich gegenseitig bereichern und das Wertvolle teilen, nicht ängstlich
für sich behalten, das ist es! Die Kirche, die Gemeinde
hat Türen, die zum hineinkommen sind. Sie sind nicht zugesperrt.
Diese äußeren Türen sind auch gar nicht das Problem.
Die Worte von Jesus müssen zuerst eine Tür im Herzen
der Menschen fin-den, dann öffnen sich auch die anderen
Türen.
Wie öffnen sich Türen zu Menschen? Durch Gebet und
durch freundliches Verhalten und durch Einfühlen in den
anderen. Wir sollen Menschen, die anders denken und anders glauben,
nie feindlich betrachten. Auch die sind von Gott geliebt, so
wie auch ich von Ewigkeit her geliebt bin. Oft genug ist ja auch
mir die Liebe Gottes völlig egal gewesen.
Allezeit seid freundlich und langweilt die Leute nicht mit endloser
Rederei. Hört auf die Fragen der Leute. Sogar manches Schimpfen
und viele Angriffe sind hintergründige Fragen. Ich soll
nicht gleich beleidigt sein, wenn jemand nicht meiner Meinung
ist. Der will was wissen, der will testen, ob ich wirklich freundlich
bin, oder nur so tue.
Was ist eigentlich Toleranz, wurde einmal der Sepp, ein katholischer
Bayer gefragt. Der Sepp antwortet: "Wenn du dir von einem
Lutherischen a Maß Bier zahlen laßt."
Das ist schon ein kleiner Anfang von Toleranz. Es könnte
auch noch mehr werden. Und aus einer ehrli-chen Toleranz kann
sogar Liebe wachsen.
Gott hat die Sünde in dieser Welt ja nicht nur ertra-gen,
er hat darunter gelitten und sein Leid wurde zur herzlichen Liebe.
Er kommt nicht mit Vorwürfen da-her, sondern freundlich.
Davon haben wir Christen uns noch viel abzuschauen. Wir sind
leider noch nicht vollkommen. Und manche nehmen an unseren Fehlern
Anstoß.
Da wollte einmal ein Mann aus der Kirche austreten. Der Pfarrer
fragt ihn nach den Gründen. "Die Kirche gibt es schon
seit fast 2000 Jahren" sagt der Mann, "aber die Menschheit
ist durch die Kirche auch nicht besser geworden." Der Pfarrer
antwortet: "Denken Sie doch noch einmal nach, seit Milliarden
von Jahren gibt es Wasser auf der Erde, und nun sehen sie sich
einmal ihren Hals an! Ihr Hals sieht so aus, als hätte er
lange kein Wasser mehr gesehen. Was kann das Was-ser dafür?"
Wir dürfen es als Christen wagen, in deutlicher Weise, aber
doch weise und mit Salz gewürzt zu antworten, denn wir sprechen
für den Herrn, der es wert ist, be-achtet zu werden, weil
seine Liebe glaubwürdig ist. AMEN.
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