Kirchenmusik in Benediktbeuern

Die Orgelgeschichte des Klosters Benediktbeuern

Die Zeit "davor"

Merian Benediktbeuern

Benediktbeuern, Matthäus Merian d.Ä., 1644

Beim großen Brand am 11. Mai 1490 wurde das Kloster Benediktbeuern nahezu vollständig zerstört. Ob es zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz einer Orgel war, kann allenfalls vermutet werden. Nach der Katastrophe waren jedenfalls andere Investitionen dringlicher als die Anschaffung einer neuen Orgel: Um dem täglichen Officium der Mönche und den Gottesdiensten einen provisorischen Raum zu geben, wurde zunächst die ebenfalls abgebrannte St. Laurentius-Kapelle wiederaufgebaut (nun "Kreuzkirche" genannt) und mit zwei kleinen Glocken versehen. Diese Kapelle war Bestandteil eines bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts in Benediktbeuern ebenfalls existierenden Frauenklosters und befand sich nordöstlich der heutigen Klosterkirche. Sie wurde im Zuge der barocken Umgestaltung der Klosteranlage 1680 abgerissen (auf dem Stich Matthäus Merian des Älteren von 1644 die linke der zwei kleinen Kirchen im Hintergrund). Der Bau einer neuen Klosterkirche zog sich dagegen wegen fehlender Finanzmittel über Jahre hin: 1492 mußte der Baumeister Peter Mosmüller wegen Geldmangel entlassen werden. Erst im Oktober 1494 konnte die neue Klosterkirche (auf dem Merian-Stich im Vordergrund) durch den Augsburger Weihbischof Johannes Kerer geweiht werden. Die Klostergebäude selbst waren allerdings auch 1498 noch nicht soweit wieder hergestellt, daß sie für alle Angehörige des Klosters Platz geboten hätten.

Wening Benediktbeuern

Benediktbeuern (Ausschnitt)
Michael Wening, 1701

Trotz dieser schwierigen Situation besichtigte Abt Narcissus Paumann (Abt von 1483 - 1504) im Jahre 1498 eine Orgel in Ettal. Die Rechnungsbücher vermerken, daß er dem dortigen Organisten ein Trinkgeld für die Vorführung gab. Dies legt eigentlich den Schluß nahe, daß es vor diesem Zeitpunkt noch keine Orgel in Benediktbeuern gegeben haben kann, denn eine solche Besichtigung ergibt nur wenig Sinn, wenn Konzeption und Möglichkeiten einer Orgel bereits zuvor bekannt gewesen wären. 1502 wurde einer der Konventualen, Hieronymus Paumann aus Türkheim, von einem Hans Kazmair, Organist in München, im Orgelspielen unterwiesen. Ob diese Maßnahmen im Zusammenhang mit Plänen zur Beschaffung einer Orgel standen, ist nicht bekannt. Geld war dafür nämlich offensichtlich noch einige Zeit nicht verfügbar: Neben der Wiederherstellung des eigentlichen Klosters stand noch der Neubau der ebenfalls abgebrannten Pfarrkirche "Zu unserer Lieben Frau" östlich der Klosterkirche an, mit deren Bau 1517 begonnen wurde und die erst 1521 geweiht werden konnte. Diese ehemalige Pfarrkirche wurde im Zuge der Säkularisation (zusammen mit der übrigen Klosteranlage) vom Münchener Unternehmer Joseph von Utzschneider gekauft und 1805 abgerissen. (Auf den Stichen von Matthias Merian und Michael Wening (1701, Ausschnitt) jeweils die kleine Kirche mit Zwiebelturm.)


die ersten beiden Orgeln

Erst Mitte des 16. Jhs. ging es dem Kloster wirtschaftlich wieder so gut, daß 1555 unter Abt Ludwig Pörtzl dem Ettaler Konvent ein gebrauchtes Orgelpositiv für 46 fl. abgekauft werden konnte. Weitere 10 fl. fielen für den Abbau des Instrumentes und den Organisten an. Dieses Instrument ist die erste sicher belegte Orgel in Benediktbeuern. Ab 1557 finden sich in den Ausgaben des Klosters auch stets solche für Organisten. 1578 schließlich errichtete der damals von Innsbruck aus tätige Orgelbauer Anton Neuknecht ein neues Instrument für die Klosterkirche. Über diese Orgel selbst ist nichts bekannt. Anton Neuknecht war seinerzeit ein vielgefragter Orgelbauer: Neben dem Werk in Benediktbeuern errichtete er Orgeln in Hall in Tirol, in Innsbruck, dem Stift Stams und in München, wo er zwischen 1585 und 1592 tätig war. Dort lieferte er u.a. für den damals zwölfjährigen Herzog Maximilian zu dessen persönlichen Gebrauch eine Orgel zum Preis von 356 fl. an den Hof. Außerdem stellte er 1590 die erste Orgel in Sankt Michael auf. Weitere Orgeln von ihm befanden sich auf Burg Trausnitz bei Landshut, in Überlingen (Orgel auf der Westempore 1585), Eggenfelden, Wasserburg (St Jakob, 1581), Rain am Lech, Ravensburg, Salem und Straßburg (dort u.a. Umbau und Erweiterung der Krebs-Orgel von 1491 im Münster auf 21 Register und 3 Manuale, 1608)


Joseph Christoph Egedacher der Jüngere

Die Neuknecht-Orgel in der Klosterkirche von Benediktbeuern wurde dort etwa 100 Jahre genutzt, bis 1680 im Rahmen der barocken Umgestaltung der gesamten Klosteranlage die spätgotische Basilika von 1494 abgerissen wurde. 1682 war der Rohbau der neuen Kirche fertiggestellt. Zur Ausstattung des am 21. Oktober 1686 durch den Augsburger Weihbischof Eustach Egolf von Westernach geweihten barocken Monumentalbaues gehörte auch eine neue große Orgel. Den Auftrag hierfür erteilte Abt Plazidus Mayr dem zu diesem Zeitpunkt bereits von Salzburg aus tätigen Münchener Orgelbaumeister (Joseph) Christoph Egedacher dem Jüngeren, der das Werk 1686 auf der Westempore aufstellte. Christoph Egedacher wurde am 16. Mai 1641 als Sohn des gleichnamigen Straubinger Orgelbauers Christoph Egedacher (des Älteren) geboren. Die Werkstatt seines 1661 verstorbenen Vaters (des Begründers der vermutlich bedeutendsten und einflußreichsten süddeutschen Orgelbauerdynastie im 17. und 18. Jahrhundert) am Rindermarkt (der heutigen Fraunhofer-Strasse) in Straubing hat er nicht übernommen. Statt dessen ließ er sich in München nieder, wo er bereits 1662 ein Orgelpositiv für den Hof des bayrischen Kurfürsten Ferdinand Maria lieferte. Am 15. Januar 1663 heiratete er in der dortigen Pfarrkirche Sankt Peter Maria Sour und erwarb am 12. Dezember des gleichen Jahres das Münchener Bürgerrecht. Im Bürgerregister wurde er als Orgelbauer und Organist geführt. Es folgten Aufträge für die Orgeln der Pfarrkirche in Kitzbühel und für das Kloster Sankt Emmeram in Regensburg, sowie für den Umbau des Werkes in der Pfarr- und Wallfahrtskirche zu Unserer Lieben Frau in Großgmain bei Salzburg. Als am 3. März 1668 der Salzburger Hoforgelmacher Mathias Rotenburger verstarb, bewarb sich Egedacher um dessen Nachfolge, mit der jedoch zunächst Heinrich Hermeler betraut wurde. Trotz der vorläufigen Ablehnung übersiedelte Egedacher mit seiner Werkstatt 1671 nach Salzburg und war in der Folge von dort aus tätig. 1673 erhielt er schließlich die angestrebte Bestallung zum fürsterzbischöflichen Hoforgelmacher. Die Qualität seiner Instrumente erwarb ihm rasch hohes Ansehen und wichtige Aufträge; etwa 40 Orgeln sind von ihm nachgewiesen, darunter als sein letztes Werk die Orgel auf der Westempore des Salzburger Domes, die in den Jahren 1702/1703 errichtet wurde, ein Instrument mit 2 Manualen und Pedal sowie 24 Registern. Dieses Werk wurde allerdings bereits im Jahr nach der Fertigstellung von seinem Sohn und Nachfolger Johann Christoph Egedacher um 18 Register (im wesentlichen Zungenregister, die im ursprünglichen Werk nicht enthalten waren) und um ein drittes Manual erweitert. Die Orgel in Benediktbeuern (1682-86) gehört in die mittlere Schaffensperiode Christoph Egedachers und wurde bereits von Salzburg aus gefertigt. Christoph Egedacher (II.) starb am 5. (6.?) April 1706 in Salzburg. Vier seiner Söhne (er hatte insgesamt 12 Kinder) folgten ihm im Beruf des Orgelmachers, neben dem bereits genannten Johann Christoph auch Johann Ignaz, der sich mit seiner Werkstatt in Passau niederließ und die dortige Domorgel schuf, auch Johann Joseph und Johann Franz Xaver. Auch die Enkel Johann Rochus, der die Familientradition als Salzburger Hoforgelmacher fortsetzte, sowie Johann Christoph (II) und Johann Georg Cajetan waren noch als Orgelmacher tätig.

Bei seinen Orgeln legte Egedacher einen Schwerpunkt auf die Prinzipal-Register im Hauptwerk, das Pedal war oft auf Subbaß 16' und Octav 8' begrenzt. Seine Orgeln waren bekannt für die Effizienz ihrer Dispositionen, bei denen mit nur wenigen Registern optimale klangliche Möglichkeiten für die liturgischen Bedürfnisse realisiert werden konnten.

Eine weitere Spezialität der Orgeln der Egedacher-Familie war der freistehende Spieltisch. Die Orgel in Benediktbeuern ist eines der frühesten Beispiele hierfür. Da das originale Rückpositiv allerdings an der Emporenbrüstung aufgestellt war, hatte der Organist dennoch keinen freien Blick zum Altar. Im Jahre 1750 wurde diese Konsole erneuert.


Der Umbau: Die Orgel von Andreas Jäger

1760 wurde die Egedacher-Orgel durch den Füssener Orgelbauer Andreas Jäger gewartet. 1770 erteilte diesem Abt Benno Voglsanger, unter dessen Ägide (1758 - 1784) das Kloster stark prosperierte, den Auftrag, die vorhandene Orgel umzubauen, zu erweitern und zu modernisieren, was Jäger im Folgejahr realisierte. Die Aufgabe war schwierig, denn Jäger sollte das bestehende Rückpositiv an der Emporenbrüstung in das Hauptgehäuse integrieren, da es einer neuen, durchgehenden Brüstung weichen mußte. Außerdem sollte das Gehäuse soweit verkleinert werden, daß die großen rückwärtigen Fenster nicht verstellt wurden, damit das Kirchenschiff von dort mehr Licht erhielt: Wegen der tiefen Seitenkapellen und der darüber liegenden umlaufenden Empore muß die Kirche bis dahin sehr düster gewesen sein. Zuletzt sollte noch der Tonumfang in den Manualen auf C - f''' und auf C-a im Pedal erweitert werden. Der Umbau bestand daher in einer Erweiterung auf deutlich verringertem Raum, die Eingriffe in das bestehende Instrument waren daher entsprechend gravierend. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum der Auftrag an Jäger vergeben wurde, da dieser als Spezialist auf dem Gebiet extrem platzsparenden Orgelbauens bekannt war. Viele seiner erhaltenen Werke belegen dies, wie z.B. die Chororgel im Zisterzienserstift Stams (1757) oder die Chororgel in Sankt Magnus ("Sankt Mang") in Füssen (1745/50; die dortige Hauptorgel ist ebenfalls aus seiner Werkstatt), bei denen z.T. die Pfeifen der Bassregister aus Platzgründen sogar liegend eingebaut wurden und an der Gehäusewand gekröpft sind. Zur Realisierung wurden Pfeifen aus Hauptwerk und Pedal und Teile des Hauptwerkes von Egedacher wiederverwendet. 11 Register der Egedacher-Orgel blieben erhalten. Als weitere Neuerung versah Jäger das Pedalwerk mit Registerkanzellenladen, welche zwar aufwendiger zu warten sind, als die zum damaligen Zeitpunkt weitgehend übliche Konstruktion mit Tonkanzellen, da wesentlich mehr Ventile verbaut werden müssen (eines für jedes Register und ein Spielventil für jede Pfeife), dafür steht die Kanzelle unter Druck, sobald das entsprechende Register gezogen wird. Dadurch wird die Windversorgung für die einzelnen Pfeifen stabiler, auch wenn viele Register gezogen sind und die Ansprache der Pfeifen wird verbessert. Die Benediktbeurer Orgel ist ein frühes Beispiel für die Anwendung dieser Technik. Jäger wurde möglicherweise durch die (im 2. Weltkrieg zerstörte) Orgel der Augsburger Barfüßerkirche von Johann Andreas Stein aus den Jahren 1755-57 inspiriert, die ebenfalls Registerkanzellenladen im Pedal aufwies.

Orgel Benediktbeuern

Benediktbeuern, Basilika Sankt Benedikt, Blick zur Westempore mit Orgel

Im von Jäger zwischen den Fenstern neu gebauten Gehäuse wurde das Pedalwerk symmetrisch rechts und links vom Hauptwerk aufgestellt, das neu konzipierte Positiv wurde in das Untergehäuse integriert. Der Maler und Schnitzer Joseph Anton Fröhlich aus Tölz sowie der Künstler Ferdinand Anton Anwander aus Landsberg gestalteten das Schnitzwerk und die Fassung des neuen Gehäuses. Der freistehende Spieltisch wurde ebenfalls neu gestaltet und erlaubte nun einen ungehinderten Blick des Organisten zum Altar. Als Nebeneffekt der räumlichen Verkleinerung der Orgel bietet die Empore im Vergleich zu anderen Kirchen außergewöhnlich viel Platz für einen großen Chor und ein mittelgroßes Orchester. Allerdings sieht man dem vergleichsweise schmalen Prospekt die tatsächliche Größe der Orgel nicht mehr an.

Bei der Klosteraufhebung 1803 verzichtete man auf einen Verkauf der Orgel im Ganzen oder gar einer Demolierung, um das Pfeifenmetall veräußern zu können, da die Kirche zur Pfarrkirche deklariert wurde.

Die Komplexität der Jäger'schen Umbauten und die Gedrängtheit des dabei entstandenen Werkes, welches ein Kennzeichen für die Orgeln des Erbauers sind, haben wohl dazu beigetragen, daß die Benediktbeurer Orgel im nahezu unveränderten Zustand von 1771 erhalten geblieben ist, da spätere Generationen offenbar den Aufwand und die Kosten für tiefergreifendere Veränderungen scheuten. Dies gilt auch für die anderen Orgeln Jägers, die zum großen Teil ebenfalls weitgehend unverändert erhalten geblieben sind. Die Benediktbeurer Orgel wurde in den Jahren 1780, 1823 und 1852 (und 1880?) jeweils grundüberholt, wobei im 19. Jahrhundert einzelne Register entfernt wurden, möglicherweise, um die Zugänglichkeit zu verbessern.

Orgel Benediktbeuern

Benediktbeuern, Detail Zwischenempore mit
rekonstruiertem Positiv

In den Jahren 1963-1968 erfolgte eine Restauration durch die Dillinger Firma Sandtner, in deren Rahmen auch das originale Rückpositiv wieder rekonstruiert wurde. Es befindet sich heute in der Zwischenempore unter der Orgel, wo auch die Windanlage inkl. Magazinbalg untergebracht ist. Damit der Organist das Positiv auch gut hören kann, wurde die Decke der Zwischenempore über dem Positiv durchbrochen (was wegen der Durchführung der Abstrakten ohnehin erforderlich war) und mit einem Schalltrichter mit Klappe versehen, die bei Bedarf geöffnet werden kann. Durch die Restauration wurden auch die zwischenzeitlich entfernten Register wieder ergänzt und das Pedal auf den heute üblichen Tonumfang C - f' erweitert. Das Instrument ist heute eine der wenigen Denkmalorgeln Altbayerns.

Als Kuriosum sei erwähnt, daß bei der Restauration Pergamentstreifen in der Orgel entdeckt wurden, die sich als Teile des "Armen Heinrich" von Hartmann von Aue in alemannischer Sprache herausstellten. Derartige Pergamentstreifen wurden früher zur Abdichtung der windführenden Teile verklebt. Offenbar hatte der Orgelbauer entsprechendes "Altpapier" vom Kloster erhalten.


Disposition

(Mit "E" gekennzeichnete Register stammen noch aus der originalen Anlage von Egedacher, die mit "J" gekennzeichneten von Jäger. Bei den Registern ohne Kennzeichnung in HW und P handelt es sich um die im 19. Jh. entfernten; sie wurden um Rahmen der Restauration wieder ergänzt.)

II+P, 33 Register:

Hauptwerk Positiv
Rekonstruktion 1963-68
Pedal
Principal 8' (Zinn, Prospekt) E
Principal 8' (Holz) E
Coupl 8' E
Gamba 8' J
Viola 8' E
Quintadena 8' J
Vivara 8' J
Octav 4' E
Flauto 4' E
Quinta 2 2/3' E
Superoctav 2'
Cornet 3-4 fach J
Mixtur 5 fach J
Cimbel 3 fach J
Fagott 8' *)
Trombon 8' *)
Coupl 8'
Flautraver 8'
Principal 4'
Flauto 4'
Nasard 2 2/3'
Superoctav 2'
Mixtur 4 fach
Cornet 3 fach
Principal 16' E **)
Subbaß 16' E
Posaune 16'
Bourdon 8' E
Gamba 8' J
Quintbaß 5 1/3' E
Superoctav 4'
Cornetmixtur 4 fach J
Mixtur 5 fach J

*) geteiltes Register auf der selben Pfeifenreihe, durch zwei getrennte Schleifen zu betätigen; die Teilung liegt zwischen c' und cis'. Fagott unterscheidet sich von Trombon durch schwächeren Wind. Vermutlich ursprünglich Jäger

**) erklingt immer mit Bourdon 8'

Koppeln

  • HW/P
  • Manualschiebekoppel

Spieltraktur: mechanisch
Registertraktur: mechanisch

Die Disposition zeichnet sich durch einen reichbesetzten Chor an Labialregistern aus, während Zungenstimmen eher spärlich vertreten sind. Dies ist ein Kennzeichen vieler Süddeutscher Barockorgeln. Glanz und Farbigkeit erhält das Werk durch die Terzchöre der drei Mixturen im Hauptwerk.


Die übrigen Orgeln des Klosters

Auch die im Nordost-Eck der Basilika angebaute Anastasiakapelle besaß eine Orgel. Zur Ausstattung des 1758 geweihten Rokoko-Neubaues von Johann Michael Fischer (der auf dem Wening-Stich gut erkennbare Vorgängerbau stammte aus dem Jahr 1608) gehörte ein Positiv von Johann Georg Hörterich aus Dirlewang (auch Herterich geschrieben) mit 4 Zinn- und 6 Holzregister. Hörterich war einer der aktivsten schwäbischen Orgelbaumeister in der Mitte des 18. Jhs. Von ihm stammt z.B. auch die 2009/2010 aufwendig restaurierte Orgel der Wieskirche und die Orgeln der Stiftskirchen in Polling (seit 1915 nur noch Gehäuse erhalten) und Ettal (restauriert 1960). Gleichzeitg stattete Hörterich auch die im selben Jahr wie die Anastasiakapelle geweihte Benediktbeurer Filialkirche St. Georg in Bichl mit einem Positiv aus. Letzteres wurde 1886 durch ein neues Instrument der Münchener Firma März ersetzt mit 6 Registern auf einem Manual und Pedal. Nach der Klosterauflösung 1803 erwarb der Schullehrer Franz Geiger aus Schwabmünchen das Instrument aus der Anastasiakapelle für 60 fl aus der Versteigerungsmasse.

Heute befindet sich in der Anastasiakapelle ein Orgelpositiv aus der Mitte oder der 2. Hälfte des 18. Jhs. unbekannter Herkunft mit 5 Registern und angehängtem Pedal. Dieses Instrument wurde 1973 von der Fa. Sandtner renoviert und wird momentan vom Iffeldorfer Orgelbauer Dieter Schingnitz betreut. Möglicherweise handelt es sich hier um das ursprünglich für Bichl angefertigte Werk Hörterichs, das nach dem Ersatz durch das Positiv der Fa. März im Jahr 1886 in die Anastasiakapelle verbracht wurde. Die mutmaßliche Entstehungszeit und die Größe des Instrumentes stützen diese Annahme, allerdings sind momentan keine Dokumente bekannt, mit denen sie sich belegen ließe.

Disposition
I+P (angehängt)
Copl 8'
Kleingedackt 4'
Quinte 1 1/3'
Zimbel 2 fach
Prinzipal 2'

Umfang Manual C - f''' (chromatisch durchgehend, keine kurze Oktave)
Umfang Pedal C - d'
Spiel- und Registertraktur mechanisch

Außerdem lieferte Hörterich (1771?) eine Orgel für die ehemalige Pfarrkirche zu Unserer Lieben Frau, die nach der Säkularisierung und dem Abbruch der Kirche an die bis dahin zu Benediktbeuern gehörige Pfarrei Sindelsdorf verkauft und in der dortigen Pfarrkirche Sankt Georg aufgestellt wurde. Dieses Instrument wurde 1879 ebenfalls durch ein Werk der Firma März ersetzt, welches 10 Register aufwies.

Zuletzt wurde nach der Säkularisation auch die Chororgel aus dem Psallierchor veräußert. Dieses Instrument, das 3 Zinn- und 5 Holzregister umfaßte, war insofern bemerkenswert, da es zugleich als Altar diente. Nach Exsekrierung wurde es für ebenfalls 60 fl. an den Eglfinger Pfarrer Aloys Frießecker versteigert. Das darauf befindliche Altarbild "Der hl. Benedikt in der Jugend" von Hans (Johann Adam?) Schöpf wurde 1804 getrennt nach München abgeliefert

In dem heute als Hauskapelle der Salesianer Don Bosco dienenden Kurfürstensaal im Südtrakt des Klosters befindet sich seit 1982 eine Orgel mit 16 Registern auf 2(3) Manualen und Pedal der Firma Sandtner aus Dillingen:

Disposition: II+P, 16 klingende Register

Hauptwerk Brustwerk
(schwellbar)
Pedal
Praestantflöte 8'
Spitzgedeckt 8'
Principal 4'
Rohrflöte 4'
Sesquialter 2 2/3'
Waldflöte 2'
Mixtur 1 1/3'

Tremulant)
Holzgedeckt 8'
Vox humana 8'
Querflöte 4'
Principal 2'
Quinte 1 1/3'
Cimbel 1/2'


Tremulant
Subbass 16'
Pommer 8'
Schalmey 4'

Koppeln

  • HW-BW (permanent auf einem drittem Manual (dem untersten)
  • HW-P*)
  • BW-P*)

*) als Registerzug und Fußregister

Außerdem ist eine Truhenorgel aus der Werkstatt von Dieter Schingnitz in der Katharinenkapelle (2. linke Seitenkapelle) der Basilika vorhanden.

Truhenorgel Benediktbeuern

Disposition
8' *)
4' *)
1 1/3' **)
2 2/3' **)
2' **)

*) ohne nähere Bezeichnung, geteilt in Diskant (D) und Bass (B)
**) durchgehendes Register, ungeteilt)
Tonumfang: C bis f'''


Quellen:

  • Douglas E. Bush und Richard Kassel, The Organ: An Encyclopedia (Encyclopedia of Keyboard Instruments) New York, 2006
  • Bayerische Annalen für Vaterlandskunde Nr. 21, 19.Mai 1835, S. 250.
  • J. Hemmerle Die Benediktinerabtei Benediktbeuern (Das Bistum Augsburg Bd.1), Berlin, 1991
  • Musik in Geschichte und Gegenwart 2, Personenteil, Bd. 6, Kassel 2001
  • Georg Brenninger, Orgeln in Altbayern, München, 1982.
  • Dr. Martin Focke, persönliche Mitteilungen