Tosso Troll
Deutsche Messe zu Ehren des seligen Adolph Kolping
der Komponist
Tosso Troll wurde 1925 in Augsburg geboren. Seine schulische Ausbildung erhielt er am dortigen Benediktinergymnasium St. Stefan, die fachliche Grundausbildung in Klavier, Violine, Orgel (bei Prof. Artur Piechler), sowie in Chor- und Orchesterleitung am Leopold-Mozart-Konservatorium in Augsburg. Er ergänzte seine Ausbildung bei Prof. Heinrich Knappe an der Musikhochschule in München, an der Fachakademie für Kirchenmusik in Regensburg und durch ein Kompositionsstudium bei Prof. Otto Jochum, dem Bruder des Dirigenten Eugen Jochum. Das Ganze wurde noch durch einen staatlichen Bildungsgang zum Musikpädagogen an weiterführenden Schulen abgerundet.
Bereits mit zehn Jahren war er Sopransolist im Gymnasialchor St. Stephan, seine erste Organistenstelle hatte er mit 14 Jahren an St. Michael in Augsburg und ein Jahr später an St. Anton inne. An St. Michael war er darüberhinaus bereits während seiner Schulzeit als nebenamtlicher Chorregent tätig.
Nach Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft wurde Tosso Troll mit 22 Jahren hauptamtlicher Kirchenmusikdirektor in St. Jodok in Landshut. Es folgten Tätigkeiten als Musiklehrer am Gymnasium Ettal, wo er auf das Libretto des dortigen Paters Stephan Schaller die Schuloper Goldener und Eisenhans schrieb, und bis zu seiner Pensionierung 1987 an der Gesamtschule Schongau. Darüberhinaus war er von 1976 bis 1999 Chorregent an St. Peter und Paul in Oberammergau.
Neben diesen Tätigkeiten wurde er jedoch vor allem dadurch bekannt, daß er über drei Jahrzehnte bzw. vier Spielzyklen hinweg die musikalische Gesamtleitung der Oberammergauer Passionsspiele inne hatte. Darüberhinaus ist er musikwissenschaftlich tätig - er verfasste u.a. eine Biographie seines Lehrers Otto Jochum und Publikationen für die Schwäbische Forschungsgemeinschaft und die Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte. Außerdem setzte er sich erfolgreich für den Erhalt der Steinmeierorgel in Oberammergau ein.
Für sein musikalisches Schaffen erhielt er 1992 die Otto-Jochum-Madaille und 1999 die Ehrenplakette in Gold der Gemeinde Oberammergau. Im April 2001 wurde er mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet, eine Auszeichnung, die an Kirchenmusiker eher selten vergeben wird.
die Messe
Die Deutsche Messe zu Ehren des seligen Adolph Kolping ist die jüngste Schöpfung aus einer Serie von drei Messen. Die weiteren Werke dieser Reihe sind die "Elisabethmesse" zum Andenken an seine verstorbene Frau Elisabeth für Chor a cappella, die u.a. auch anläßlich der Trauerfeierlichkeiten für die Opfer des Bergbahnunglücks von Kaprun aufgeführt wurde, sowie die Messe zu Ehren Pater Rupert Mairs. Letztere ist für eine mittlere Singstimme (Bariton oder Alt), Solovioline und Orgel gesetzt. Die Verwendung der Solovioline ist hierbei eine Reminiszenz an Pater Rupert Mair, der bis zu seinem Eintritt in den Jesuitenorden ein begeisterter Geigenspieler war. Die beiden früheren Messen sind bei Anton Böhm & Sohn in Augsburg erschienen.
Der äussere Anlass zur Komposition der Deutschen Messe zu Ehren des seligen Adolph Kolping war der 10. Jahrestag der Seligsprechung Kolpings, die am 27. Oktober 1991 in Rom erfolgt war. Die Anregung dazu kam von Konrad Saal, Bezirksvorstand des Kolpingvereins im Bezirk Garmisch-Partenkirchen und Vorsitzender der Kolpingfamile in Oberammergau. Die Messe ist für vierstimmig gemischten Chor (SATB) und Bläserquintett geschrieben, die Verwendung eines Solistenquartetts (SABT) ist ad libitum. Auch hier ist die Wahl des Instrumentariums - wie auch die Verwendung der deutschen Sprache - bewußt gewählt: Der Sozialreformer Adolph Kolping war bekanntlich vor seiner Priesterausbildung ursprünglich Handwerker (Schuster), und mit dem Bläserensemble und dem deutschen Ordinariumstext soll dessen einfach-geradlinig männliches Wesen symbolisiert werden. Die Bläser konzertieren mit dem Chor, ihre Rolle ist also keineswegs auf eine banale "Begleitung" beschränkt. Es existiert allerdings auch noch eine zweite Fassung mit Orgel.
Jeder der einzelnen Sätze der Messe ist in einer anderen Tonart notiert, und zwar so, daß der folgende Satz im Quintenzirkel jeweils eine Position weiter steht, als der Vorgänger. Auf diese Weise erfolgt im Verlauf der Messe eine Steigerung ins Lichte. Das Herr erbarme Dich beginnt flehend in c-moll und wird nur von Tuba, Horn und Posaunen begleitet, wobei man die Posaunen als Hinweis auf das Jüngste Gericht deuten könnte. Beim Ehre sei Gott in der Höhe erfolgt dann ein Wechsel in das der Dominanttonart g-moll parallele B-Dur, und dem Charakter des Ordinariumstextes entsprechend treten in der Begleitung die Trompeten hinzu, die dem ganzen Satz eine triumphale Note verleihen. Das Heilig (auf ein Credo wird verzichtet) ist schließlich im pastoralen F-Dur notiert. Das Fortschreiten im Quintenzirkel würde nun dazu führen, daß das Lamm Gottes in strahlendem C-Dur erklingt, was jedoch im Widerspruch zur Textaussage stünde. Es wird also hier, wie auch bereits im Herr erbarme Dich, in die parallele Molltonart gewechselt; der erste Teil ist also in a-moll gesetzt. Der zweite Teil des Lamm Gottes ("gib uns Deinen Frieden") beschließt die Messe dann in versöhnlichem A-Dur.
Die Komposition verliert an keiner Stelle ihren liturgischen Zweck aus den Augen und mit 191 Takten hält sie den Fortgang des Gottesdienstes nicht auf. Bei der Konzeption der Messe ließ sich der Komponist von dem Grundsatz leiten, daß die Wurzeln der Kirchenmusik in der Gregorianik liegen. Demzufolge sind die Vokalstimmen weitgehend melismatisch angelegt, allerdings abweichend von der Gregorianik und entsprechend den kirchenmusikalischen Traditionen der Vokalpolyphonie mehrstimmig durchkomponiert. Dort, wo es die Textaussage erforderlich macht, wird diese Mehrstimmigkeit zugunsten einer in allen Stimmen isorhythmischen homophonen Deklamation durchbrochen, oder es erfolgt sogar eine Steigerung ins Unisono. Die Tonsprache ist modern mit zum Teil kühnen harmonischen Konstruktionen. Manche Stellen klingen bewußt etwas "herb", ohne aber deswegen avantgardistisch zu wirken.
Die Deutsche Messe zu Ehren des seligen Adolph Kolping wurde am Sonntag, den 25. November 2001 in Anwesenheit des Komponisten und zahlreicher Ehrengäste im Rahmen der Abendmesse in der Basilika St. Benedikt in Benediktbeuern uraufgeführt.
Es sang der Kirchenchor Benediktbeuern, Einstudierung und Leitung Josef Schwaller. Als Bläser wirkten mit: Thomas Bierhoff (Tp 1), Ingrid Klaßen (Tp 2), Mario Löhde (Waldhorn), Lars Schwalm (Pos.) und Bernhard Sauer (Tuba).