Inhalt
  • Warum so alte Gabeln kaufen?
    • Um welche Modelle geht's genau?
    • Bauformen

alte Marzocchi Gabeln

Hier geht's um Marzocchi-Gabeln mit offenem Ölbad, also die hochwertigeren, meist in Italien hergestellten Modelle von 1997-2007, die natürlich (fast) nur noch gebraucht erhältlich sind.

Warum so alte Gabeln kaufen?

1: billige Federgabelattrappen gehören verboten
2: Hab ich schon erwähnt, daß billige Federgabelattrappen eine Plage sind und verboten gehören?



Also zusammengefasst: Für Ottonormalbiker uninteressant. ;)                                                                                                                               
Link: bikemag.com: Marzocchi Bomber Z1 · The fork that changed more than just the state of bicycle suspension

gefräste, geschraubte Alu-Brücke der frühen Bomber-Modelle

Um welche Modelle geht's genau?

Eine vollständige Liste hab ich nicht. Im Zweifelsfall sieht man in der Wartungsanleitung, ob es sich um ein Ölbad-Modell handelt (auf beiden Seiten Ölfüllung und Sicherungsring + Öldichtung unter dem Staubabstreifer). Seite mit vielen Anleitungen: ВелоДокументация / marzocchi http://public-repository.org/ (Modelljahr = meist ein Jahr später als das eingeprägte Baujahr)
Also z.B in diesem Bild die Teile 14, 15 und 16.
Die Öldichtung ist ein sogenannter "Simmerring": Je größer der Luftdruck auf der Innenseite, desto stärker werden die Dichtlippen angepresst. Die Druckfestigkeit sorgt für Durchschlagschutz: Am Ende des Federwegs geht der Luftdruck gegen Unendlich (entspr. Ölstand vorausgesetzt). Im Gegensatz zu modernen Gabeln, wo das Durchschlagrisiko anhand der Druckstufendämpfung eingestellt wird. So gesehen haben die alten Ölbad-Gabeln eine schlechtere "Federwegsausnutzung".

Die leistungsfähigen, (damals) neuen Gabeln hatten den Beinamen "Bomber", weil die Downhiller damals im Biker-Slang die Abfahrt "runtergebombt" sind. Im 1. Modelljahr (1997) hießen nur die Modelle mit der besseren Dämpfungstechnik "Bomber". Aber recht bald zeigte sich, daß vielen Käufern der "coole" Name außen wichtiger ist als die Technik innendrin, so daß auch die günstigen Modelle den "Bomber"-Aufkleber bekamen.

Bauformen

1996:
Prototyp mit verchromten Stahl-Standrohren
1997-ca.2002:
Standrohre per Umfangsklemmung in der Krone verschraubt. Stand- und Tauchrohre aus Aluminium. Geschraubte Alu-Brücke. (Z1 ab 98: andere Tauchrohre (s. Ausfallenden) mit IS2000-Disc-Aufnahme, von 100mm auf 130mm umbaubar.)
Die Z2 war im Prinzip gleichwertig zur Z1, nur mit den damals üblichen 60 statt 100mm Federweg.
ab ca. 2000:
"M-Arch". Kronen-Verbindungen verpresst und nicht mehr geschraubt. Tauchrohre immer noch aus Alu, aber Brücke aus Magnesium, mittels Cantisockeln befestigt.
ab ca. 2003:
Einteilige Bauweise. Die beiden Tauchrohre und die Brücke sind ein- und dasselbe Magnesium-Gußteil (Monolith Slider). Anstelle einer überlangen Gleitbuchse kommen jetzt 2 Gleitbuchsen pro Seite zum Einsatz.

Ölbad!

Heutige Federgabeln müssen oft gewartet werden, denn die winzige Ölmenge unter dem Staubabstreifer-Stöpsel ist schnell nach unten hin verschwunden. Und wenn die oberen Führungsbuchsen erstmal trocken laufen, ist der wirtschaftliche Totalschaden (abgeriebene Gleitbeschichtung) nicht mehr weit. Deswegen gibt's Nutz-Bikes quasi nur mit Starrgabel.

Die alten Ölbad-Gabeln sind wie Motorradgabeln gebaut: Also: In der Praxis so wartungsarm wie Starrgabel. Mehrere zehntausend Kilometer ohne Wartung? Kein Problem.
Meiner Erfahrung nach sind die günstigen MX Comp ETA Modelle gut für Nutzbikes geeignet. Oder die "normale" MX Comp mit nachgerüsteter Stahlfeder (siehe unten). Bei "nur" 80mm Federweg stört die einfachere Dämpfung mit weniger Wippunterdrückung kaum. Mehr Federweg passt nicht zu Nutzbikes.
Während der Einfahrzeit schleifen sich Komponenten aufeinander ein, was Abrieb verursacht. Außerdem ist die werksseitige Ölfüllung oft zu hoch, was Komfort kostet. Also nach der Einfahrzeit ist ein Ölwechsel nicht verkehrt — und bei Ölbad ist "Einfahrzeit" ein dehnbarer Begriff. Ob der Vorbesitzer 100km oder 10.000km gefahren ist, ist relativ egal so lange die Standrohrbeschichtung keinen Steinschlag und die Gabel keinen schweren Crash erlitten hat.

Meine Erfahrung: Nutzbike + Federgabel macht Spaß. Besonders im Winter, wenn "langweilige" Wege zu Rüttelpisten mutiert sind.

Warum wurde die Ölbad-Bauweise abgeschafft?

Einige MTB-Federgabeln haben noch offenes Ölbad, aber die sind selten, teuer und speziell (also passen nur in DH-Rahmen).
Die heutige Bauweise ist leichter (weniger Öl, weniger Dichtungen) und billiger herzustellen. Wahrscheinlich sind das die Gründe. Außerdem beschwert sich so gut wie Niemand über Kurzlebigkeit — mangels Wissen und Erfahrung.

Z2 Atom
"M-Arch": Brücke wird durch Felgenbrems-
sockel auf den Tauchrohren gehalten

Grundlagenwissen

Die Standrohre laufen in Führungsbuchsen. Falls Verschleißerscheinungen auftreten, dann meist auf der Hinterseite der Standrohre. Dort verblasst dann die goldfarbene Beschichtung. Standrohre die geschraubt statt verpresst sind, kann man drehen, falls keine Ersatzteile mehr erhältlich sind. Dasselbe gilt für geschlitzte Führungsbuchsen, bei denen sich ebenfalls die (bronzeähnliche) Beschichtung abnutzen kann.

Dämpfung

Zum Thema Federung kursieren zwar auch viele Fehlannahmen, aber das Thema Dämpfung wird von Vielen komplett ignoriert. Deswegen fange ich damit an.

Dämpfung und Federung sind 2 verschiedene Dinge. Die Dämpfung ist dazu da, die Federungsbewegungen zu dämpfen, also zu "bremsen".
Sprungstock:
Federung ohne Dämpfung
Ziel: Bodenkontakt verlieren
Stoßdämpfer:
Federung mit Dämpfung
Ziel: Bodenkontakt behalten

Einerseits hält die Dämpfung die Federkraft unter Kontrolle — andererseits bestimmt die Dämpfungseinstellung, in welchem Frequenzbereich die Federung Stöße am besten wegfiltert. Im Zweifelsfall ist die Schwingungs-basierte Modellvorstellung relevanter.
Je schwerer der Fahrer, auf desto mehr Federkraft ist die Gabel eingestellt (hoffentlich); und dementspr. muss auch die Dämpfung hochgeregelt werden. Mehr Kraft braucht mehr "Bremsung" um auf die gleiche Federgeschwindigkeit (und damit Eigenfrequenz) zu kommen.

Realisiert wird die Dämpfung über Ölventile. Die zu dämpfende Bewegung ist daran gekoppelt, daß Öl durch eine kleine Öffnung (Ventil) gedrückt wird. Ähnlich wie in einer Spritze. Je kleiner die Öffnung und je zähflüssiger das Dämpferöl, desto stärker ist die resultierende Gegenkraft.
Z.B. ist an schwere Türen oft ein Öldämpfer geschraubt: Beim Öffnen der Tür öffnet das Öl ein Klappenventil und kann durch eine große Öffnung strömen. Aber beim Schließen der Tür kehrt sich die Strömungsrichtung um, und das Öl drückt das Klappenventil zu. Dann kann das Öl nur noch durch die kleine Öffnung, und die Bewegung der Tür wird gebremst. (Sonst fällt die Tür noch mit der Wand ins Haus.)

Einfache Gabeldämpfer (z.B. in den "MX"-Modellen) arbeiten genau so wie der Türdämpfer: unten im Tauchrohr (meist rechts) ist ein Kolben, der dem Kolben einer Spritze ähnelt und mittels Dichtring im Standrohr gleitet. Die Alu-Ringe außen auf dem Kolben bilden das Klappenventil. Beim Einfedern (Druckstufe) wird das Klappenventil geöffnet. Beim Ausfedern (Zugstufe) wird das Klappenventil geschlossen, so daß das Öl nur noch durch die einstellbare Öffnung (Dämpfungsventil) im Kolbeninneren kann. Eingestellt wird das Ventil entweder intern oder über einen nach unten durchgeführten Regler.

Problem: Die Gegenkraft steigt mit der Geschwindigkeit. Wie bei einem Paddel, das man durch Wasser zieht: je schneller man das Paddel bewegt, desto mehr Widerstand. Deswegen stellt man einfache Dämpferventile so ein, daß die Gabel bei hohen Stoßfrequenzen gerade noch schnell genug reagiert. Die langsamen Federungsbewegungen sind dann eben zu schwach gedämpft.
ursprüngliche Modelle (prä-TST & Co.)

Shimstack-Dämpfung: Dämpfungsregler oben
(das geschlitzte Teil
in der Mitte):

"billige" Dämpfung: Dämpfungsregler unten oder intern.
(Oben nur Regler für Federvorspannung):

Die Lösung: Shimstack-Ventile. Das sind Ventile, die ihre Öffnungsgröße an die Strömungsgeschwindigkeit anpassen. Also langsame Bewegungen (z.B. Antriebswippen) werden stark gedämpft, aber sobald schnelle Stöße kommen, macht die Dämpfung auf, so daß die Gabel schneller reagiert.
Gabeldämpfer mit Shimstack-Technik sind bei alten Marzocchis die Teleskop-Kartuschen (Ventilregler oben), die sowohl unten am Tauchrohr als auch oben am Standrohr festgeschraubt werden.
Eigentlich gibt's Shimstack-Ventile schon mindestens seit den 1950ern. Aber Marzocchi hat in den 90ern erstmals "Motorradtechnik" in eine Fahrrad-Federgabel gebaut — entgegen den damaligen Marketing-Weisheiten. Das ist einer der Gründe, warum die Freeride-Pioniere damals so begeistert von den Ur-Bombern waren.
Heute ist Shimstack-Dämpfung bei hochwertigen Mountainbikes nicht mehr wegzudenken.
Zugstufendämpfung:
Dämpfung der Ausfeder/Rücklauf/Rebound-bewegung. Muss mindestens vorhanden sein.
Druckstufendämpfung:
Dämpfung der Einfeder/Compression-bewegung. Mehr Wippunterdrückung und Durchschlagfestigkeit, aber auf Kosten des Komforts. (Deswegen haben moderne Gabeln getrennte Regler für High-Speed-Compression (HSC) und Low-Speed-Compression (LSC))
Die einfache Dämpfung mit starrer Ventilöffnung ist natürlich völlig in Ordnung, solange die fehlende Wippunterdrückung nicht stört.
Die frühen Modelle hatten nur Zugstufenventil in der Kartusche, nach der Jahrtausendwende hatten die Kartuschen dann auch Druckstufendämpfung und wurden "HSCV" genannt. Aber umgangssprachlich werden oft alle Shimstack-Kartuschen "HSCV" genannt.
Bei den 90er-Jahrgängen haben meines Wissens alle Z1 und Z2 Shimstack-Dämpfung (die billigen hießen Z3 bis Z5).

Federung

Negativfeder

Auch hier wieder das vernachlässigtere Thema zuerst.

Die Negativfeder wirkt am Anfang des Federwegs dem weiteren Ausfedern entgegen. Man könnte auch "Rücklaufanschlagfeder" dazu sagen. Bei Entlastung soll die Gabel nicht gegen das obere Ende des Federwegs knallen, sondern immer "im" Federweg sein.
Falls die Hauptfeder die Gabel vorspannt, macht die Negativfeder den Einstieg in den Federweg leichter, indem im ausgefederten Zustand die Negativ- und Hauptfeder sich gegenseitig kontern und im Kräftegleichgewicht sind. Insbes. bei Luft-Hauptfeder ist besonders viel Vorspannung zu "entschärfen".
Stahl-Negativfeder:
räumlich begrenzte Wirkung; Federkraft nicht einstellbar, aber bei Stahl-Hauptfeder kein Problem
Luft-Negativfeder:
bei Luft-Hauptfeder die einzige vernünftige Wahl

Hauptfeder

Ich persönlich finde Stahl besser als Luft. (besseres Ansprechen, weniger Vorspannung, konstante Federrate)
Man liest/hört oft, daß Luftgabeln besser sind. Das liegt daran, daß im Massen-/Billigmarkt Stahlfedern nur in besonders schrottigen Gabeln verbaut werden, weil Luftfederung erst ab einer gewissen Materialqualität und Maßhaltigkeit überhaupt funktioniert (Dichtigkeit und Gängigkeit der Gleitdichtungen).
Aber hier geht's ja um alte, gebrauchte Gabeln und nicht um den aktuellen Markt.
Kurioserweise war's bei Marzocchi mal umgekehrt: Stahl- und Luftgabeln hatten die gleiche Qualität, aber das Luftmodell war billiger weil da keine Stahlfedern drin sind.
Federkraft:
Die Kraft, mit der die Feder wieder ausfedern will.
Entspricht im Stillstand der auf der Feder lastenden Gewichtskraft.
Federrate:
Kraftveränderung pro Weg. Anstieg der Federkraft pro Federweg.
weniger = nachgiebiger, mehr = unkomfortabler
linear(e Federkennlinie):
Überall im Federweg gleiche Federrate. Die Federrate ist die Steigung der Federkennlinie. (oder genauer "-kurve")
progressiv(e Federkennlinie):
Federrate steigt beim Einfedern immer weiter an. Oben komfortabel und nachgiebig; unten bei gleichem Kraftanstieg weniger Einfedern.
Vorspannung:
Die Federkraft die im unbelasteten Zustand in der Gabel herrscht. Wird von der Negativfeder gekontert.
Sag:
deutsch: Absacken. Der Weg, um den die Gabel einfedert wenn der Fahrer in Grundsitzhaltung draufsitzt (in der Ebene).

Stahl

Da gibt's wohl nicht viel zu erklären. Spiralfeder aus Federstahl.
Die klassischen Bomber haben 2 Stahlfedern, die dementspr. nur halb so hart sind wie bei Federgabeln mit nur 1 Feder.
Bei Stahlfedergabeln kann man die Stahlfeder(n) vorspannen. Deswegen haben die Federn 20mm mehr Federweg als die Gabel.
Nachteil: Weicht das Fahrergewicht zu sehr ab, reicht die Vorspannungsverstellung nicht aus, und man muss andere Federn kaufen und einbauen.
1999 Z2 Alloy
weich:
ca. 2,7mm Drahtdicke
mittel:
ca. 3mm Drahtdicke
hart:
ca. 3,3mm Drahtdicke
Evtl. vorhandene Lackschicht macht die Messung schwieriger. Vorteil: Überall im Federweg gleiche Federrate (lineare Federkennlinie). Zumindest bei einer gleichmäßig geformten Spiralfeder. Es gibt auch progressive Stahlfedern (Federrate steigt beim Einfedern an).

Da die Ölbad-Bomber druckdicht sind, wird die eingeschlossene Luft beim Einfedern verdichtet. Deswegen sind auch Stahlfedergabeln immer etwas progressiv. (Beim vom Handbuch vorgegebenen, hohen Ölstand sogar meist ganz ordentlich progressiv und durchschlagfest)

Stahlfedergabeln fährt man mit etwas mehr Sag (bis 25%).

Komfortabelste Federn die gerade noch passen: Maximale Vorspannung nötig, um in einen vernünftigen Sag-Bereich zu kommen.
Härteste Federn die gerade noch passen: Ohne Vorspannung gerade so genug Sag.
Man kann auch Federhärten mischen, also auf einer Seite die härtere Feder, auf der anderen Seite die weichere Feder. Die resultierende Federrate liegt dann in der Mitte.

Laien-Annahme: Mehr Vorspannung = härter = unkomfortabler. Stimmt natürlich nicht. "Normale" (also lineare) Stahlfedern haben überall im Federweg die gleiche Federrate. Und die Gabel federt immer so weit ein, bis Federkraft und Gewichtskraft gleich sind.
Wenn überhaupt, ist es genau umgekehrt: Die eingeschlossene Luft verhält sich nämlich progressiv. Also je weiter die Gabel einfedert, desto höher ist die Federrate, da das Gesamtvolumen im Verhältnis zur Volumenänderung kleiner wird. Also ist eher mehr Vorspannung komfortabler, weil man dann weiter oben landet (mit dementspr. weniger Negativfederweg, der in begrenztem Umfang auch wieder wichtig ist).

schlechte Luftfederung

Bei einigen Gabeln (z.B. MX Comp Air) fehlen einfach die Stahlfedern und stattdessen sind Luftventile in den Topcaps (die Verschlußkappen in den Standrohren). Man pumpt also den Luftdruck in den Standrohren hoch, bis die Gabel für's Fahrergewicht passt. Solche Gabeln fährt man am besten mit wenig Sag (ca. 10%).
Die Progression am Ende des Federwegs lässt sich in begrenztem Umfang über den Öl-Füllstand einstellen (Öl als Volumen-Spacer).
Nachteile:
  • Bei schwereren Fahrern ist soviel Druck nötig, daß die Stahl-Negativfedern von der Vorspannung überlastet werden und bei jedem kompletten Ausfedern durchschlagen.
  • zu wenig Halt im oberen Federweg ("Brems-Tauchen", "Kurven-Tauchen")
Die gute Nachricht ist: Solche Gabeln lassen sich "reparieren" indem man 1 (s. "halbe Luftfederung") oder 2 Stahlfedern einsetzt.
Falls die Feder Spiel hat: Spacer lassen sich z.B. basteln indem man einen ausgedienten Lenker nimmt und vom Lenkerende ein passendes Stück absägt (und entgratet).
Federweg einer Feder messen: Federweg = entspannte Länge - komprimierte Länge; komprimierte Länge = Drahtdicke × Windungsanzahl.

halbe Luftfederung

Einige Modelle haben Stahl und Luft. Die "MX ETA"-Modelle z.B. funktionieren für Komfort-orientierten Einsatz erstaunlich gut. Gegen den Einsatz auf anspruchsvolleren Strecken spricht die übermäßige Nachgiebigkeit oben und das Verhärten unten. Durch die halbe Stahlfederung hält sich die Vorspannung in Grenzen, so daß auch bei schweren Fahrern die Negativfedern nicht überlastet sind.
Die Nachgiebigkeit im oberen Federweg ist zwar komfortabel, aber lässt den Lenker bei Bremsungen stärker abtauchen. Für ungeübte Fahrer eigentlich nicht optimal.

Eine 2. Feder ergibt eine schönere Kennlinie mit weniger Vorspannung, falls die beiden Federn in Kombination nicht zu hart für's Fahrergewicht sind.

Luft liefert wenig Federrate, sondern hauptsächlich Vorspannung.

Übrigens: Es lässt sich auch ne Stahlfedergabel auf Luft umbauen. Einfach Vorspannmechanismus aus der Topcap raus und Ventil rein. Beim Abdichten und Befestigen ist etwas Einfallsreichtum und Rumprobieren gefragt.
Damit ist dann jede Stahlfedergabel an jedes Gewicht anpassbar. Federn zu weich: Luft-Vorspannung reinpumpen. Federn zu hart: Eine Feder raus und Luft reinpumpen. (Voraussetzung: Gabel ist druckdicht, also zusätzlich zum Staubabstreifer Sicherungsring und Simmerring. Ausnahme: Gabeln, die auf jeder Seite eine Pumpenkartusche haben, die in der Topcap befestigt werden muss.)

gute Luftfederung

Ordentliche Luftfederung hat als Negativfeder ebenfalls Luft. Dadurch können beide Federn an's Fahrergewicht angepasst werden (bei modernen Gabeln automatisch über eine interne Ausgleichsöffnung). Außerdem hat Luft eine räumlich ausgedehnte Federwirkung, so daß die Federkennlinie im oberen Federweg "zurechtgebogen" werden kann.

Vorteil: Immer an's Fahrergewicht anpassbar.
Nachteile:
  • klassische Stahl-Federkennlinie wird nie ganz erreicht
  • mehr Haftreibung (Simmerring mit mehr Druck beaufschlagt und/oder zusätzliche Gleitdichtungen)
  • Federhärte von Temperatur abhängig
Bild: Funktionsschema der "Doppio Air"-Federung
Bild: Blick über den Tellerrand - Federung der 2005er Manitou Skareb

Praxistips

Worauf beim Gebrauchtkauf achten

Grundsätzlich ist bei gebrauchten Teilen das Risiko von ermüdungsbedingtem Versagen größer als bei Neuteilen. (Dafür ist ganz am Anfang der Nutzungsdauer das Risiko herstellungsbedingten Versagens am größten.)
Eigenverantwortliches Handeln setze ich also mal voraus.

HSCV-(Shimstack-)Kartusche

Den Regler oben kann man abschrauben und den Reglerstab rausziehen. Dann kann man die Kartusche schön mit Bremsenreiniger durchspülen.

Im zusammengebauten Zustand kann man die Dämpferpumpe in ein Entfetter-Bad stellen (z.B. Waschbenzin, Öffnungen in der Flüssigkeit) und dann den Entfetter durchpumpen. Am besten mit maximal geöffnetem Ventil.

Casting überprüfen

Die gegossene Magnesium-Tauchrohreinheit (also nach M-Arch Bauweise) kann sich beim Vorbesitzer verzogen haben, so daß die Führungsbuchsen nicht mehr fluchten.
Das erkennt man daran, daß sich beim Zusammenschieben der Stand- und Tauchrohreinheit der Widerstand vergrößert. Der obere Teil der Standrohre ist dickwandiger und setzt der Biegekraft, die der Verzug ausübt, mehr Widerstand entgegen.

Die Standrohre haben oft Spiel in den unteren Buchsen. Kein Grund zur Sorge. Hauptsache die oberen Buchsen sind spielfrei. Spiel unten ist also ein Zeichen für gerade Tauchrohre.

Dichtungen nicht ausbauen

Die Staubdichtungen (falls fest eingepresst) und die Öldichtungen werden beim Ausbau evtl. beschädigt. Ersatz wird aber nicht mehr produziert. Deswegen sollte man evtl. den Teil der Anleitung ignorieren, in dem die Dichtungen abgezogen werden.
Falls die Führungsbuchsen getauscht werden müssen, müssen die Dichtungen natürlich raus.

Es kann sein, daß die Öldichtung durch Lagerung undicht geworden ist, aber durch Benutzung wieder in Form kommt. Wie gesagt: Der Innendruck drückt die Dichtlippen an.
Meiner Erfahrung nach sind Öldichtungen erst undicht, wenn ein Grat oder Fremdkörper die Dichtlippen aufgeschlitzt hat.
Maße Öldichtung: 30×40×8. Gibt's auch als Gabeldichtung/Simmerring im Motorradbereich.

Bei den frühen Modellen (Staubdichtungen weniger fest eingepresst; ohne Gabeldemontage lösbar) neigen die Staubdichtungen zu Verschleiß, so daß die Abstreiffunktion ausfällt. Da lohnt sich ein Austausch. Das FK-6606 Set von Enduro Bearings beinhaltet UV-resistente Abstreifer aus blauem Kunststoff. (hab noch keine Langzeiterfahrung, laut älteren Erfahrungsberichten soll der Verschleiß erhöht sein)

Vor dem Einführen der Standrohre Silikonfett auf die Dichtungen schmieren. Alle O-Ringe ölen (Silikonöl).

Öl

Viskosität

Dämpfer lassen mit der Zeit nach. Wenn's keine Ersatzteile mehr gibt: Schwereres Dämpferöl verwenden. Im Handbuch steht 7.5WT, für Motorradgabeln gibt's Gabelöl bis 20WT.

Die MX-Gabeln haben von Haus aus recht wenig Dämpfung. Alternative zum schwereren Öl: auf der anderen Seite noch nen 2. Dämpfer einbauen (falls vorhanden).

Füllstand

Bei dem MX-Modellen ist die angegebene Ölmenge etwas zuviel.

zuwenig Öl: Dämpfer zieht (vorübergehend) Luft (bei HSCV z.B. nach Standzeit)
Zuviel Öl: Endprogression kommt zu früh, nicht ganzer Federweg nutzbar.

Öldichtung undicht

Das muss nicht zwangsläufig ein echter Schaden sein. Die Dichtungen nutzen Innendruck (und kleine Federringe) um die Dichtlipppen anzupressen. Wenn man die Stahlfeder-Vorspannung erhöht, wird die Gabel gegen die Negativfedern leicht auseinandergezogen. Dadurch entsteht innen ein Unterdruck, der Anpresskraft von den Dichtlippen wegnimmt. Wird das Bike darüber hinaus am Vorderrad aufgehängt gelagert, kann es passieren, daß auch bei eigentlich unbeschädigten Dichtungen ein leichtes Öl-Leck auftritt.
Auch eingedrungene Fremdkörper können die Dichtung aufdrücken, sind aber evtl. nicht scharf genug um die Dichtung zu beschädigen. (An den Standrohren gefrierender Matsch ist z.B. recht penetrant)

Topcaps

Die Topcaps sind aus ner weichen Legierung. Wenn man den Gewindeeingang nicht trifft, hat man schnell ein 2. Gewinde reingeschnitten, und die Topcap sitzt schief.

Bei gebrauchten Gabeln kann es sein daß die Kappen durch zu festes Anziehen festgefressen sind. Und der 6Kant rundgenudelt. Bei Air-Topcaps kein Problem, die Gabel lässt sich trotzdem warten. Das Zugstufenventil im hohlen Dämpferkolben kann man von unten mit einem langen 3mm-Inbus einstellen. (mit ner Speiche aus dem Standrohr fischen, mit Zahnseide festhalten zum Bodenmutter draufschrauben)
Aber wenn in der Topcap eine Kartusche befestigt ist, wird's schwierig. Die Kartuschenseite kann man dann eben nach Abziehen der Tauchrohreinheit nicht richtig säubern.

Die 6Kant-Nuß sollte bündig sitzen. Manchmal ist der 6Kant konifiziert so daß er erst weiter innen in der Nuß richtig greift. Dann einfach den nicht greifenden Teil abschleifen/-feilen.

Mudguard/Reifenfreiheit

Ein Mudguard ist ein sehr leichter Spritzschutz, der an der Brücke (ungefederte Masse) befestigt wird und dadurch nicht nur den Fahrer sondern auch die Standrohre und Staubabstreifer vor Spritzern schützt. Kann aber am Reifen knapp werden.
  • Gefräste Brücke der Ur-Bomber: sehr knapp, komischer Winkel, zerstört die Optik
    • update 8.6.2021: Mit etwas Zurechtschnippeln (insbes. rund um die V-Brakes) und Zusatzlöchern geht's. Der dünne, biegsame Kunststoff lässt sich in die runde Form der Brücke bringen.
  • M-Arch: Einwandfrei, viel Reifenfreiheit
  • One-Piece (MX, Marathon & Co.): weniger Reifenfreiheit, obwohl die Brücke optisch aussieht wie M-Arch

Kratzer/Grat im Standrohr

Die Standrohre haben eine feste aber spröde Legierung. Da muss man eigenverantwortlich entscheiden. Versagenspunkt meistens an der Verbindung zur Krone.
Ein Grat wird zwar von der Führungsbuchse gebrochen, aber macht vorher den Simmerring kaputt.

Entgraten/Entfetten → mit 2K-Kleber zuspachteln → aushärten lassen → polieren (feines Schleifpapier, Zahnpasta)

Stahlfeder

Geräusche

Eine bestimmte Art von Klapper- und Quietschgeräuschen kann bei Stahlfedergabeln auftreten und ist normal. Die Spiralfeder will seitlich ausweichen und schleift innen am Standrohr
Falls genug Platz vorhanden: Ein Stück Schrumpfschlauch (ölbeständig) auf die Mitte der Stahlfeder schrumpfen.

"Schmatz"geräusche von der Dämpfung sind sowieso normal.

Vorspannmechanismus

Realisiert wird die Einstellung, indem der obere Federteller auf einem (Links)gewinde nach oben oder unten geschraubt werden kann. Wenn man den Vorspannungsregler im Uhrzeigersinn dreht, wandert der (gegen Mitdrehen gesicherte) Federteller nach unten und erhöht die Federvorspannung.
Bei einigen Modellen (z.B. Z3 Coil 2001) ist die Verdrehsicherung ein in die Verschlusskappe eingepresster Metallstab, der beim Drehen über den Anschlag hinaus abbrechen kann. Dann ist der Regler funktionslos.
Lösung (bei Z3 Coil selbst praktiziert): Luftfeder nachrüsten
  • Vorspannmechanismus aus Verschlusskappe entfernen
  • Ventil aus altem Fahrradschlauch nehmen (Autoventil mit durchgehendem Außengewinde)
  • 2 Ventilmuttern draufschrauben und gegeneinander kontern, so daß nach dem Durchstecken des Ventils durch die Verschlußkappe oben die richtige Länge rausschaut. Also genug um die Pumpe anzuschließen aber nicht exponierter als nötig.
  • Dichtungsring vom Vorspannungsregler popeln und auf das Ventil schieben
  • Ventil in Verschlusskappe stecken und außen eine 3. Ventilmutter draufschrauben. Mit Zange ordentlich festziehen.
  • Stahlfeder (inkl. Federteller(scheibe)) entweder drin lassen oder auch nicht. Ohne ist die Gabel leichter, mit ist die Federkennlinie etwas schöner und man braucht weniger Druck.
Falls der Original-Dichtring nicht ausreicht, anderen Dichtring oder Teflonband kaufen.
Falls beide Einsteller kaputt sind, genügt es, nur auf einer Seite auf Luft umzubauen. Man kann auch beide Federn rausnehmen. Oder beide Seiten auf Luft umbauen.

Federweg / Einbauhöhe

Welche Gabel in welchem Rahmen optimal ist, lässt sich leider vorher schlecht sagen. Ich hab verschiedene Erfahrungen gemacht. Außerdem bauen verschiedene Gabeln manchmal bei gleichem Federweg unterschiedlich hoch.
Entscheidend ist die Betriebshöhe. D.h., über die Sag-Einstellung kann man in geringem Umfang die Höhe anpassen.
Vorteile von mehr Sag: Nachteile von mehr Sag:

Hier mal ein paar Erfahrungen von mir. (178cm, 84cm SL, Default-Rahmengröße 20")

Gudereit S15

Offiziell 100mm aber fährt sich mit 120mm besser.
RH53 = 20" (RH bis Oberkante gemessen)

Astro HSMTE (ca. 2005)

80mm. Mehr ist zu hoch.

Kinesis KM-1 (ca. 2005)

Sauleicht und dünnwandig. Scandium. "XC" steht drauf.
Vermutung: 80mm
Stellt sich raus: Fährt sich mit 100mm besser.
Geo: kurz. Langer Vorbau nötig

Katarga STX Race (90er)

Hat noch nen Canti-Gegenhalter. Und der Sattel ist weit hinten. Sattelstütze sollte nicht gekröpft sein.
Erste Vermutung: Die damals üblichen max. 60mm Federweg sind wahrscheinlich schon zuviel.
Stellt sich raus: Fährt sich mit 80mm besser als mit 60mm.
Geometrie: kurz. Langer Vorbau und Riser nötig. Flacher Lenkwinkel.

Surly Troll v1 (das alte mit Federgabel-Geo)

Universell. 100 oder 120mm. Bei 100mm darf's ein Riser-Lenker sein (oder Spacer unterm Vorbau)

OnOne Inbred 26"

Hersteller wirbt mit Zulassung für 120mm, aber 80mm funktioniert am besten.
flach und lang, Riser nötig. ungekröpfte Stütze

Blick über den Tellerrand

Manitou Skareb Comp 100mm

Hab ich in einem Rahmen, der eigentlich für 60mm gedacht ist.
Super komfortabel und durchschlaganfällig. Mit Serienfeder lande ich tief im Federweg.
Die Dämpfung des günstigen Comp-Modells ist auch schon gut.
Bild
Die Manitous haben "Semi Bath". Aber ich schätze mal, die Marzocchis mit offenem Ölbad sind immer noch deutlich verschleißärmer.

Manitou Nixon Elite 2006 115-145mm

Gibt's grad beim Bavarian Bikestore. Hab ich momentan noch nicht eingebaut und gefahren.

Besonderheit bei Manitou: Absolut linear. Also kurz vorm Durchschlag ist die Federrate fast dieselbe wie ganz am Anfang des Federwegs. Deswegen kann man soviel Sag fahren wie man will, ohne dadurch Komfort zu verschenken. Somit kann man eine Gabel mit viel Federweg "tief" fahren, so daß die problemlos in einem Rahmen funktioniert, der eigentlich für weniger Federweg gedacht ist. (Vorausgesetzt man ist schwer genug.)

Außerdem: Durch die hinten liegende Brücke kann das Vorderrad weiter nach oben. Somit ist die gesamte Gabel ggü. der Radachse nach unten versetzt. Auf 120mm eingestellt, baut die Gabel ca. 10mm tiefer als eine Marzocchi MX mit 120mm.

Kurios: Die Nixon hat das Image "Bikepark", die MX hat das Image "Tour". Aber die MX ist durchschlagfester, baut höher und liegt höher im Federweg. (Außer man findet für die Manitou noch ne härtere Feder oder ist ein Leichtgewicht)

Rock Shox XC30

Billig und schwer. Billige Plastik-Dämpfung klemmt gerne mal. Stahl-Standrohre. Kein Ölbad.

Magura Vidar

Einfache Dämpfung, 2 Stahlfedern. Stahl-Standrohre. Dämpferseite Ölbad, andere Seite nur Fettschmierung. Nach langer Vernachlässigung sieht man deutlich den Unterschied: Bild.

Links


Bilder

1997 Bomber Z1
Die Ur-Z1
Vorspannung erhöhen: entgegen Uhrzeigersinn (Rechtsgewinde)
2000 Z1 CR:
Druckstufendämpfung noch nicht ausgereift
(verhärtet bei hoher Stoßfrequenz)
Tip: offen lassen (also (schwarzen) Regler rausgedreht)
2001 Z1 Drop Off
Rechts auf Shimstack-Kartusche umgebaut.
2006 Marathon Race
Leicht, teuer, kompliziert.
Mit Einstellmöglichkeiten übersät.
Performance ok.
2000 Z2 Atom
klassisch: 2 Stahlfedern und Shimstack-Kartusche.
Unglaublich, wie souverän "nur" 80mm sein können.
Standrohreinheit: 2003 Marathon S
Tauchrohreinheit: 2003 MX Comp
Dämpferkartusche: 2004 Marathon S
Stahlfeder links: 2000 Z1 CR
Stahlfeder rechts: 1997 Z1



21.12.2023