Rolf Wenzel - Holzskulpturen 2011 - Kafkas Muse

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Der ca. 30 cm starke Stammabschnitt einer Kirsche, der auf der Oberseite schräg abgeschnitten war, sodass er hinten 40 cm hoch war und sich vorne bis auf 10 cm absenkte, erweckte in mir die Vorstellung einer sitzenden Frau mit einem nach vorne schrägen Objekt auf dem Schoß. Ich begann die Sitzende herauszuarbeiten, deren linker Arm ausgestreckt war, während der linke, über dem Schoß angewinkelt, das Kinn stützte. So entstand grob die Haltung einer Pieta, die jedoch mehr meditierend als trauernd wirken sollte. Die Erinnerung an meine erste Begegnung mit Franz Kafka Erzählungen führte dazu, dass ich unter der schrägen Fläche den berühmten Käfer wahrnahm, den ich nun in den Schoß seiner Muse platzierte. Rechts hängen die drei Beine ins Leere, der ramponierte Kopf war schon beim Fällen des Baumes angeschnitten worden, im Verhältnis zu der Sitzenden erschien er mir angemessen dimensioniert.

Bei der Feinarbeit erwies sich das Holz zwischen Wange und rechtem Handrücken als sehr morsch, so dass ein flaches Stück einfach losbrach. Den so entstandenen Spalt wollte ich mit Holzresten wieder zuleimen und verwendete dazu eine unverhältnismäßig große Scheibe, die ich in den Spalt drückte. Nach Beendigung des Pressvorgangs erkannte ich in dem eingesetzten Stück, das dünne Büchlein der Kafkaerzählung von der Verwandlung, das der von unten aufsteigende Unterarm gegen die Kinnlade der Nachdenklichen drückt. Auf der linken Seite dagegen hält die Muse ihre Hand über den Käfer. Die schulterlangen Haare, der weite Ärmel und die ausgestreckte Hand vereinen sich zu eine dreigegliederten Schutzgeste über dem ruhig daliegenden Gregor Samsa in seiner Käfergestalt.